Die Konsumkredite sind ein gutes Bankgeschäft

Leben auf Pump

Shoppen bis zur Erschöpfung, aber nicht so sehr, weil der Geldbeutel oder die Kreditkarte nichts mehr hergab, sondern weil die Hektik und der Stress, möglichst jedes Angebot gewünschter Artikel mitzubekommen, platt machen. Mit dem „Black Friday“ wird mittlerweile der Wahnsinn des Weihnachtsgeschäfts auch in unserem Land gestartet. Erste Zahlen wurden bekannt, der gesamte Einzelhandel einschließlich der Online-Händler freute sich über rund 4,2 Milliarden Umsatz allein an diesem Wochenende Ende November. Das waren 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Neben den Menschen, die tatsächlich noch persönlich in die Läden gingen, stieg der Anteil derer, die für ihren Einkauf online shoppten und dabei mehr ausgaben als die Traditionalisten.

Wer aber meint, dieser Wahnsinn stecke nur die Gutverdienenden an, irrt. Der Wunsch, ein Schnäppchen zu machen, wird auch von denen geteilt, die es sich eigentlich nicht oder nur sehr begrenzt leisten können, ihr Konto bis zur Neige auszuschöpfen oder ins Minus zu gehen. Dafür gibt es schließlich die Geldkarte, die mir hier und jetzt erlaubt, bloß nichts zu verpassen, mitmachen zu können bei den Rabattschlachten. Alle bisher vorliegenden Zahlen und Berichte zeigen, dass sich über 55 Millionen Käuferinnen und Käufer in das Getümmel begeben haben.

Neben den Rabattschlachten, die mit viel Getöse geschlagen wurden, ist bemerkenswert, dass dem Wunsch des Handels, möglichst nicht mehr mit Bargeld zu zahlen, die Kunden gerne entgegenkommen. Der kartengestützte Umsatz stieg auf fast die Hälfte des Gesamtumsatzes der Geschäfte, ob stationär oder online. Wichtigste Karte beim Bezahlen ist die Girocard, die von allen Banken und Sparkassen angeboten wird. Diese Karte lieben die Händler, denn sie ist bei den laufenden Abrechnungen mit den Kartenbetreibern immer noch die günstigste. Auch wenn der Umsatzanteil der Barzahlungen weiter gesunken ist, heißt dies nicht, dass die Kunden bald nur noch Karten statt einem Geldbeutel mit sich führen. Bargeld bleibt das beliebteste Zahlungsmittel deutscher Kunden, aber nur noch bei kleineren Beträgen unter 30 Euro. Erst danach steigt kontinuierlich der Anteil der Zahlungen, die per Karte abgewickelt werden. Ein gewünschter „Nebeneffekt“ für Banken und Sparkassen ist, dass gerne mit dem Vorteil argumentiert wird, dem Karteninhaber stünde für eine gewissen Zeit (bis zu 30 Tagen) ein kostenloser Kredit zur Verfügung. Dann muss aber der aufgelaufene „Kredit“ zurückgezahlt werden und wer jetzt ins Schleudern gerät, dem droht Ungemach. Schlimm scheint zu sein, nicht mehr mit der Karte einkaufen zu können, weniger schlimm ist es wohl, einen Ratenkredit „meiner“ Bank anzunehmen. Fast 10 Prozent der Bevölkerung haben nicht nur laufende Ratenkredite für langfristige Anschaffungen zu bedienen, sondern sind verschuldet durch die kurzfristigen, aber immer wieder neuen Kredite (ein revolvierender Kredit), um ihre Geldkarte zumindest eingeschränkt weiter nutzen zu können. Und hier machen die Banken und Sparkassen dann ein gutes Geschäft, neben der alljährlichen Grundgebühr für die Karte kommen jetzt satte Zinsen für die „kleinen“ Kredite. Summiert sich und ist, wenn es ansonsten knirscht im Bankgeschäft, gar nicht so übel. 6,7 Millionen Menschen sind demnach nicht in der Lage, ihre Zahlungsverpflichtungen in absehbarer Zeit zu begleichen. Bei durchschnittlichen Schulden von rund 32 600 Euro pro Kopf summiert sich der Schuldenberg auf knapp 217,8 Milliarden Euro, davon machen mittlerweile die sogenannten „Konsumkredite“ einen gehörigen Batzen aus. Die müssen in aller Regel über die heftigen „Dispo“-Zinsen ausgeglichen werden, aber auf Pump leben, ist wohl schick.

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"Leben auf Pump", UZ vom 13. Dezember 2019



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