Das für Berlin und Brandenburg ökonomisch wichtige Petrochemische Kombinat (PCK) in Schwedt ist weitgehend aus den bundesdeutschen Schlagzeilen verschwunden. Und dennoch: Das Ringen um den Erhalt der Raffinerie geht mit unverminderter Härte weiter. Am 1. März befasste sich der Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie mit der Lage vor Ort.
Die Raffinerie fährt derzeit „auf Sicht“, weil mit dem politisch verordneten Verbot des jahrzehntelang störungsfrei aus der Sowjetunion und später Russland per Pipeline nach Schwedt strömenden Öls jedwede Planungssicherheit in die Tonne getreten wurde. Die Versorgung mit Öl beträgt gegenwärtig nach unterschiedlichen Aussagen nur noch zwischen unter 50 und 70 Prozent der früher angelieferten und für eine Auslastung der Anlage notwendigen Menge.
Aber nicht nur die Quantitäten sind ein Problem. Die schwankende Qualität der nun aus allen Regionen der Erde in kleineren Chargen hereinkommenden Rohöllieferungen ist ein Alptraum für alle Techniker. Ausgelegt sei die Anlage, so erläuterte der Geschäftsführer des Betreibers Rosneft, Johannes Bremer, auf Rohöl aus Russland mit einem Schwefelgehalt von knapp 2 Prozent – jetzt liege der aber bei 0,5 Prozent. Das schlage durch auf die Emissionswerte, die nicht mehr eingehalten werden könnten, und auf die Produktpalette. So könne derzeit beispielsweise kein Bitumen mehr produziert werden. Das werde schon im Frühjahr zu Engpässen im Straßenbau führen.
Ergebnisse für die Belegschaft lieferte der Bundestagsausschuss nicht. Das war wohl auch kaum erwartet worden. Die Hoffnung auf einen konstruktiven Beitrag politischer Institutionen ist in Schwedt weitgehend verdampft. Bereits im Juni letzten Jahres hatte beispielsweise Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit großem Getöse versprochen, niemanden in Schwedt hängenzulassen. Die von ihm eingesetzte „Task Force“ unter Leitung seines Staatssekretärs und Parteifreunds Michael Keller hat lediglich immer neue Presseerklärungen zur Beruhigung der Öffentlichkeit und wolkige Träumereien einer angeblichen Transformationszukunft für ferne Jahrzehnte veröffentlicht. Für die Sicherheit der 1.000 Arbeitsplätze der Raffinerie und weiterer 2.000 Arbeitsplätze aus Zulieferer- und Servicebereichen tat die „Task Force“ dagegen nichts. Die politischen Auseinandersetzungen vermitteln mehr und mehr den Eindruck, es gehe hier nur noch darum, wer am Ende den schwarzen Peter in der Hand hält, also für das endgültige Aus der Raffinerie die Schuld bekommt.
Juristisch geht das Fingerhakeln ebenfalls weiter: Im September letzten Jahres ist von der Bundesregierung das deutsche Tochterunternehmen des russischen Mutterkonzerns, Rosneft Deutschland, unter Treuhandverwaltung gestellt worden. Dagegen hat der russische Konzern Klage eingereicht. Das Ansinnen der Bundesregierung, das Verfahren erst gar nicht zuzulassen, hat Schiffbruch erlitten. Am 7. März (nach Redaktionsschluss) wird das Verfahren in Leipzig mit der Beweisaufnahme fortgesetzt.
Ein Aus für das Kombinat würde der seit 1989 in ihrer Einwohnerzahl fast halbierten Stadt Schwedt wahrscheinlich ökonomisch den Todesstoß versetzen. Viel wird davon abhängen, ob die Kolleginnen und Kollegen der Raffinerie und die Einwohner in und um Schwedt so auf den Tisch hauen, dass die Hinhaltetaktik von Habeck und Keller, mit der das PCK langsam erstickt werden soll, durchkreuzt wird.