Die DKP Kassel im „Aktionsbündnis Sozialproteste“

Langfristige Orientierung nötig

DKP Kassel

Im Sommer vorigen Jahres bildete sich in Kassel ein „Aktionsbündnis Sozialproteste“, das politisch von einzelnen Gewerkschaftsgliederungen über die Linkspartei, die DKP und die SDAJ bis hin zu studentischen Gruppen reichte. Gemeinsame Orientierung war der Kampf um die Abwehr der sozialen Lasten. Die DKP bestimmte einen Genossen, der an allen Sitzungen des Bündnisses teilnahm und davon auf den Mitgliederversammlungen berichtete.

Da man sich im Bündnis über den Charakter des Ukraine-Krieges nicht einig wurde, beschloss man, diese Frage zunächst außen vor zu lassen und sich vorerst nur gegen die Militarisierung im eigenen Land zu stellen. Damit wurde die Verbindung zwischen Krieg und sozialer Lage der Werktätigen zunächst nur in den Forderungen hergestellt.

Uneinigkeit gab es auch bei der Politikvorstellung. Gemäß einer gängigen linkssozialdemokratischen Vorstellung musste der Protest vor allem medienwirksam und öffentlich sein und sich von vielen „Ismen“ abgrenzen. Ein solches Auftreten mobilisiert aber nicht die Klasse und nicht diejenigen, denen demnächst Strom oder Gas abgestellt werden, sondern ausschließlich die linke „Szene“. Eine Demonstration verlief dann entsprechend.

Eine andere Variante ideologischer Einflussnahme wurde über die Umweltbewegung vorgetragen. Sie protestierte vor dem Kasseler Gasversorger Wintershall gegen dessen von der Bundesregierung genehmigte weitere Russlandgeschäfte. Dabei handele es sich um die Unterstützung eines Angriffskrieges.

In der Bündnisauswertung gelang es uns, fast alle zu überzeugen: Die oben dargestellten Aktionen generierten zwar Pressefotos, waren aber nicht zur Auslösung von Kämpfen geeignet. Die nächste Aktion fand dann im Stadtviertel statt – sie war deutlich konkreter. Wir riefen dazu auf, Stromsperren zu verhindern. Wir konnten dabei als Redebeitrag des Bündnisses sinngemäß setzen: „Wir glauben nicht der Lüge, Putin habe unser Gas verteuert.“ Diese Aktion sollte mit einer weiteren vor den lokalen Stadtwerken fortgesetzt werden. In der Auswertung dieser zweiten Aktion konnten wir setzen, dass der Hauptfeind im eigenen Land steht, was bedeutet, sich gegen alle Kriegsbestrebungen des deutschen Imperialismus und der NATO zu stellen. Ausgehend davon beantworteten wir die Frage, wer von der Aufrüstung profitiert.

Ich möchte versuchen, einige verallgemeinerbare Lehren zu formulieren:

  • Unser Sozialprotest-Bündnis ging von Teilen der Linken aus, nicht von der Klasse selbst. Die Bündnispartner sind häufig ebenso schlecht verankert wie wir oder sogar schlechter. Das kann mit den fortgeschrittensten Teilen offen diskutiert und zum politischen Ziel der Veränderung gemacht werden.
  • Die objektiv reaktionäre Rolle mehrerer Umweltgruppen müssen wir als Zeichen unserer Schwäche bewerten. Unsere mangelnde Verankerung dort führt dazu, dass diese Bewegungen sich instrumentalisieren lassen.
  • Eine Abgrenzung gegen Rechts funktioniert über Inhalte, nicht über Symbolpolitik.
  • Wir brauchen in der Partei eine Aneignung unserer Tradition der Arbeit in Bewegungen. Unter den demokratischen Kräften müssen wir dafür eintreten, zu länger dauernden und langfristig arbeitenden Bündnisstrukturen zu kommen. Dort können wir dann besser und langfristiger gemeinsam kämpfen und gemeinsam lernen. Das haben wir bei Willi Gerns und in der Tradition unseres antimonopolistischen Kampfes gelernt.

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"Langfristige Orientierung nötig", UZ vom 7. April 2023



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