Griechenland bleibt an der kurzen Leine der Gläubiger – Seine Schulden könnten gestreckt werden

Lagarde und Schäuble kommen sich näher

Von Lucas Zeise

Das griechische Parlament macht, was ihm aufgetragen wird. Am vergangenen Wochenende beschloss es – mit den Stimmen der Syriza-geführten Regierung des Ministerpräsidenten Alexis Tsipras – weitere Rentenkürzungen und eine Erhöhung der direkten und indirekten Steuern, die den Staatshaushalt um insgesamt 5,4 Mrd. Euro (jährlich) entlasten sollen. Die Auftraggeber des Parlaments sind nicht etwa die Bürger des Landes, die im Vorfeld einen zweitägigen Generalstreik veranstaltet, sowie in Athen und anderen Städten massenhaft gegen die verschärfte Kürzungspolitik demonstriert hatten, sondern es sind die Gläubiger, deren Ausschuss sich als Runde der Finanzminister der Eurozone am vergangenen Montag in Brüssel zusammenfand.

Und – oh Wunder – die Runde unter Vorsitz des Niederländers Jeroen Dijsselbloem näherte sich einer Einigung zur Frage der Schulden­erleichterung. Die nächste Sitzung des Gremiums am 24. Mai werde vermutlich eine Einigung bringen, verlautete aus gut unterrichteten Verhandlungskreisen. Am Würgekurs für Griechenland wird das allerdings kein bisschen ändern. Es geht bei der Einigung vielmehr um einen Streit zwischen der deutschen Regierung und dem Internationalen Währungsfond (IWF). Die Leiterin des Fonds, Christine Lagarde, weist nun schon seit neun Monaten darauf hin, dass die Schuldenlast des griechischen Staates – auch nach lächerlich optimistischen Modellrechnungen – nicht tragfähig ist. Die Regeln des IWF gestatteten es nicht, dass Kredite ausgehändigt würden, denen nicht tragfähige Kalkulationen zugrundelägen. Schlussfolgerung: die Schulden müssen vermindert werden. Auf der anderen Seite hat die deutsche Regierung den Abgeordneten des Bundestages versprochen, Griechenland keinen (weiteren) Schuldenschnitt zu gewähren.

Der Streit geht formal um sehr viel Geld (hunderte von Milliarden Euro), das Griechenland vom IWF und dem Konsortium der Euro-Staaten seit 2011 als „Hilfe“ gewährt worden war. Die Staatsschuld des Landes macht, gemessen an der immer noch schrumpfenden griechischen jährlichen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt-BIP) 183 Prozent aus. Statt eines wirklichen Schuldenschnitts sollen nach dem neuen Kompromissvorschlag die Schulden gestreckt, die jährliche Tilgung bis 2050 auf ein Prozent des BIP beschränkt und der Zinssatz auf höchstens zwei Prozent begrenzt werden. Ob dieser Kompromiss von Wolfgang Schäuble und seinen Abgeordneten akzeptiert wird, ist offen.

Für die Lage Griechenlands würde es lediglich bedeuten, dass sich die Gläubiger bis zum 24. Mai so weit einig wären, dass sie den brutalen Restriktionskurs der griechischen Regierung „belohnen“ und die in Aussicht gestellte Tranche von einigen Milliarden Euro auszahlen könnten. Dieses Geld dient – wie könnte es anders sein – der Zahlung anderer Schulden – in diesem Falle an die EZB.

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"Lagarde und Schäuble kommen sich näher", UZ vom 13. Mai 2016



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