Bundesregierung erlässt Gesetze zur Sicherung von Monopolprofiten

Länderkompetenz ade

Von Klaus Stein

Am 2. Mai hat das Bundeskabinett vier Grundgesetzänderungen auf den Weg gebracht. Es geht um die Artikel 104 c, 104 d, 125 c und 143 e.

Der neue Artikel 104c soll dem Bund gestatten, allen Kommunen, nicht nur den finanzschwachen, mit Finanzhilfen „für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen“ unter die Arme zu greifen. Just dazu hat die Bundesregierung schon mal ein konkretes, wenn auch sauteures Projekt vor Augen. Es handelt sich dabei um den „Digitalpakt Schule“. Dessen Kosten sind schon mal fürsorglich von der Bertelsmann-Stiftung im vergangenen November beziffert worden. Statt der bisher genannten 1 Milliarde seien jährlich 2,8 Milliarden Euro an Investitionen nötig – ohne die Kosten für den Anschluss der Schulen an das Breitbandnetz. Allein für die Grundschulen wären 46 000 Euro, 261 Euro pro Schüler, bei weiterführenden Schulen rund 302 000 Euro (402 Euro pro Schüler) fällig. Macht zusammen 2,8 Milliarden Euro im Jahr. Was kostet da so viel?

Bertelsmann führt in seiner Rechnung auf:

  • Endgeräte (mobil und stationär),
  • Präsentationstechnik und Peripherie,
  • Internetzugang (Bandbreite abhängig von der Zahl der Endgeräte),
  • LAN (bei mobilen Endgeräten auch WLAN),
  • zentrale Dienste (Identitätsmanagementsystem, Dateiablage, Kommunikationsmittel, Lernplattform),
  • Software- und Medienlizenzen,
  • Prozesse für (Bedarfs-)Planung, Umsetzung und Steuerung,
  • technischer Betrieb und Support
  • sowie pädagogische Unterstützung.

Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass genau diese Positionen von Bertelsmann angeboten werden und von den Finanzministern zu bezahlen sind. Und Bertelsmann drängelt – schließlich könnten sich ja Bedenken einstellen.

Der neue Artikel 104 d würde dem Bund die Möglichkeit eröffnen, den Ländern künftig Finanzhilfen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu gewähren. Das begrüßt nicht nur der Deutsche Mieterbund DMB. Bundesdirektor Lukas Siebenkotten ist begeistert: „Damit setzt die neue Bundesregierung ein erstes positives Signal für den bezahlbaren Mietwohnungsbau.“ Mindestens ebenso begeistert äußert sich der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GDW. „Wir begrüßen dieses Vorhaben ausdrücklich. Damit würde eine zentrale Forderung der Wohnungswirtschaft umgesetzt“, erklärte Axel Gedaschko, ihr Präsident. Verständlich, denn die Wohnungswirtschaft, die gegenwärtig ohnehin boomt, kann weitere Monopolprofite brauchen. Leider kommt der Bundesregierung das von Grünen und Linken, auch von der DKP-NRW geforderte Gesetz für eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit, das gemeinnützige Wohnungsunternehmen von Steuern befreien würde, nicht in den Sinn. So ein Gesetz hatten wir schon, es ist aber 1990 abgeschafft worden. Gemeinnützige Wohnungsgesellschaften könnten bei Verzicht auf Profit niedrige Mieten auf Dauer garantieren.

Die neuen Artikel 125 c und 143 e sollen die Bauplanung von Fernstraßen vereinfachen. Die Bundesregierung sagt: „Damit wird eine im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen eingeführte einfachgesetzliche Regelung für die Bundesautobahnen verfassungsrechtlich abgesichert.“ Davon hörten wir schon im Oktober 2016. Für 9,7 zusätzliche Milliarden Euro haben sich die Länder Zuständigkeiten abkaufen lassen. Der Bundesfinanzminister bekam „mehr Steuerungsrechte bei Finanzhilfen“ „Kontrollrechte bei der Mitfinanzierung von Länderaufgaben“ und „im Bereich der Steuerverwaltung ein stärkeres allgemeines fachliches Weisungsrecht“.

Im Klartext: Zentralisierung, Abbau von Länderkompetenzen. Die Bundesregierung will eine zentrale Bundesfernstraßengesellschaft (BFG) und den Bundesländern die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen entziehen. Das Verkehrsministerium bastelt an einer privatrechtlichen GmbH. Ziel ist die Privatisierung der Autobahnen. Das wurde im „Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften (FANeuReG)“ versteckt. Es gilt seit dem 18. August 2017.

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"Länderkompetenz ade", UZ vom 11. Mai 2018



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