Kurskorrektur

Manfred Idler über neue Töne von Donald Trump

Zwei junge Männer, testosterongesteuert, rasen in getunten Autos aufeinander zu. Wer zuerst ausweicht, ist das „Hühnchen“. Weicht keiner aus, krachts. Dann sind Fahrzeuge und Fahrer zerbröselt und es war Pech.

Ein Spiel für Idioten. Es wird Feiglingsspiel genannt oder, taffer, „Chicken Game“, und ist auch ein traditionelles Element der US-Außenpolitik. Wobei das jeweilige politisch/militärische Personal der Supermacht darauf achtet, selbst im Führerstand eines hochmotorisierten 36-Tonners zu sitzen und sich als Gegner einen Mini zu wählen.

Donald Trump, der antrat als einer, der alles ganz anders machen will, handelt nicht anders. Aktuell fordert er Syrien und Nordkorea heraus, der Iran und Venezuela stehen auf dem Zettel und damit ist die Einladung zum Nervenmessen an Russland und China unterwegs. Neu ist seine Anpassung an die Gepflogenheiten, dass nämlich das hegemoniale Geprotze garniert werden muss mit feiner orchestrierten Tönen. Nur einfach zu sagen, wir töten Menschen, zerstören Staaten, vernichten Ökonomien, enteignen ganze Völker und zerschlagen die bestenfalls keimförmigen Sozialsysteme im eigenen Land aus dem einfachen Grund, weil wir es können – das hat ihm den Unmut der herrschenden Kreise in den USA samt deren Marktschreiern und Schamanen eingetragen. Jeder Gewaltakt bedarf doch der Verhübschung mit Girlanden, gefochten aus „Freiheit“, „Demokratie“ und „Frieden“, um die immerhin noch nötige Akzeptanz im Inland wie im Ausland zu finden. Die Vorbewohner des Weißen Hauses hielten es so seit Urvätertagen, eine Aufzählung würde unübersichtlich, deshalb die Beschränkung auf die letzten vier: Auf Bill Clintons Konto gehen die Überfälle auf Jugoslawien; der Kretin George W. Bush ließ Afghanistan und den Irak in Klump schlagen. Pakistan und Jemen ließ er im Vorbeigehen bombardieren. Obama setzte sich nicht selbst ans Steuer, sondern ließ die Nato die Drecksarbeit in Libyen erledigen und beschäftigte sich jeden Dienstagmorgen damit, Häkchen hinter die Namen auf einer ihm vorgelegten Liste zu setzen. Die Namensträger waren dann spätestens am Abend des Donnerstag samt Familien und zufälligen Besuchern von Drohnen zerfetzt. Insoweit passt der aktuelle Präsident in die Reihe.

Mit einigen stilistischen Korrekturen will Trump jetzt bei seinen Kritikern aus den oberen Etagen punkten. Die Nato sei obsolet – das heißt veraltet –, hatte er im Wahlkampf und danach getönt. Jetzt bezeichnete er das Aggressionsbündnis als „Bollwerk von Frieden und Stabilität“ und unterstrich zweimal, weil so einer seinen eigenen Worten nicht traut: „Ich habe früher gesagt, die Nato sei obsolet. Sie ist nicht mehr obsolet.“ Auch seine Würdigung Russlands als „Partner“ nahm er zurück, mit diesem Land gebe es „überhaupt kein Auskommen“. Und ein veränderter Tonfall gegenüber China – im Wahlkampf noch der Hauptfeind – fällt auf, zumindest was die Volksrepublik als Wirtschaftspartner betrifft. Das ändert aber nichts an der Einkreisungspolitik gegen dieses Land, also eine Fortführung der Politik des Vorgängers.

Die feinen Kurskorrekturen weisen darauf hin, dass sich Donald Trump in Richtung eines ganz „normalen“ US-Präsidenten verändert. Eines Präsidenten der in Reden und Handeln im Konsens mit den wirklich Mächtigen und mit den herrschenden Kreisen der Vasallenstaaten steht. Und der den Hegemoniestatus der USA, ohne den dieser Staat und womöglich das ganze weltbeherrschende Profitsystem zusammenbräche, verteidigt. Für dieses Ziel darf einem „mächtigsten Mann der Welt“ kein Verbrechen und keine Gewalttat zu groß sein. So könnte der „falsche“ Präsident noch ein „großer“ werden. Das Naturell dazu bringt er mit.

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"Kurskorrektur", UZ vom 21. April 2017



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