Kultur am Park und in der Parteigruppe – UZ-Interview mit Christa Weber

Kunst kann ausdrücken, was unsagbar ist

Am 28. Februar ist die Schauspielerin und Autorin Christa Weber aus Berlin in Begleitung von Stefanie Rediske, ehemalige Leiterin des Berliner Kabaretts „Klimperkasten“, in der Karl-Liebknecht-Schule. Sie treten mit dem Programm „Weiber, Luder, Hexen“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur am Park“ auf. UZ sprach mit Christa Weber über das Konzert und das Ansinnen, Genossinnen und Genossen für Kunst und Kultur zu begeistern.

UZ: „Weiber, Luder, Hexen“ heißt das Programm, mit dem du am 28. Februar in Leverkusen an der Karl-Liebknecht-Schule bist. Was erwartet die Gäste?

Christa Weber: Das Programm ist unser Beitrag zum Internationalen Frauentag. Freches steht neben Besinnlichem und Kämpferischem, Wunderliches neben Alltäglichem. Die Lieder, Texte und Balladen handeln von den Träumen der Hester Jonas von einer gerechteren Welt, der Rache der Seeräuber-Jenny und der Klage einer Mutter über ihren im Krieg gefallenen Sohn. Sie handeln von dem Mut einer als „Hexe“ angeklagten Wäscherin, dem Aufbegehren einer Arbeiterfrau gegen den Paragraphen 218 und dem Leben einer unverdrossenen Flaschensammlerin. Und auch das Leiden einer völlig der Liebe verfallenen Dame kommt vor.

UZ: Können euch Partei- oder andere Gruppen mit dem Programm einladen?

Christa Weber: Wir freuen uns über Interesse für dieses Programm. Wir haben auch viele Lieder gegen den Krieg im Repertoire und sind damit unterwegs. Meldet euch gern!

UZ: Du bist vor zwei Jahren wieder in die DKP eingetreten und versuchst, die Kulturarbeit in der Partei zu stärken. Warum ist das so wichtig?

Christa Weber: Kultur hat für mich einen ganz hohen Stellenwert, nicht nur weil ich selbst künstlerisch tätig bin. Ich habe im Laufe meines Lebens immer wieder erfahren, wie viel Kraft, Erkenntnis, Verständnis und Liebe zu den Menschen mir Musik, Literatur und zum Beispiel das Theater geben. Gerade für uns Kommunistinnen und Kommunisten, die wir so oft angefeindet und verleumdet werden, ist es wichtig, der um sich greifenden Hoffnungslosigkeit und Passivität Mut und Zuversicht entgegensetzen zu können.

Ich selbst komme aus einer Familie, in der nur Schlager und Volkslieder gespielt und gesungen wurden. Als ich 15 war, brachte meine jüngere Schwester Lucia eine Schallplatte des Tschaikowski-Violinkonzerts D-Dur mit nach Hause. Auf ihrem Plattenspieler hatten wir bis dahin vor allem die Beatles gehört. Wir ließen die Rollläden runter, zündeten eine Kerze an und legten uns im Dunklen nebeneinander auf den Boden. Gleich bei den ersten Takten trug uns diese Musik mit einer Macht hinweg – in eine ganz andere, neue, uns bis dahin unbekannte Welt. Das war wie ein Urknall. Zeit und Raum existierten nicht mehr, nur noch diese Woge aus Klang, die uns ganz einhüllte. Bis heute sehe ich uns da liegen und spüre noch dieses einzigartige Glücksgefühl.

Kunst kann ausdrücken, was unsagbar ist. Sie ermöglicht uns, Abstand zu uns und zu der uns umgebenden Wirklichkeit zu gewinnen und damit uns und unser Leben zu reflektieren. Kunst verarbeitet die Wirklichkeit und spiegelt sie in verdichteter Form wider. So vermittelt sie uns die Erkenntnis der Wirklichkeit.

UZ: Du hast Genossinnen und Genossen und Freunde dazu eingeladen, gemeinsam mit dir in Konzerte und Ausstellungen zu gehen. Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

Christa Weber: „Kommunist kann einer nur dann werden, wenn er sein Gedächtnis um alle Schätze bereichert, die von der Menschheit gehoben worden sind.“ Das sagte Lenin auf dem III. Gesamtrussischen Kongress des Kommunistischen Jugendverbandes am 2. Oktober 1920. Ich will helfen, Genossinnen und Genossen mit einem ganz kleinen Teil dieser Schätze zu bereichern. Leider ist mein Angebot bisher kaum angenommen worden, obwohl ich darauf geachtet hatte, dass es keine finanzielle Hürde gibt. Hier in Berlin sind die Konzerte der Musikhochschule Hanns Eisler zum Beispiel gratis. Zu zwei Konzerten kamen nur eine Genossin und ein Sympathisant mit. Genau wie zu den Museumsbesuchen, wo der Eintritt bisher am 1. Sonntag im Monat frei war. Jetzt hat der Berliner Senat dieses Angebot ersatzlos gestrichen. Ich bin noch unsicher, was ich als Nächstes anbiete …

Unseren Gruppenabend beginnen wir seit etwa einem Jahr mit einem kulturellen Beitrag. Auch da gab es natürlich Anfangsschwierigkeiten. Viele fanden nicht die Zeit, einen Kulturbeitrag auszuwählen, oder hatten nicht die Traute, ein Gedicht vorzutragen. So blieb der Beitrag wochenlang an mir hängen. Bis ein junger Genosse uns über sein Tablet mit einer Bluetooth-Box das Musikstück eines berühmten Rappers vorgespielt hat und dazu noch den Text verteilte. Der Bann war gebrochen. Es folgten Gedichte von Peter Hacks, Lieder von Ernst Busch, Zitate von Marx und Lenin …

UZ: Hast du einen Rat für Parteigruppen, die jetzt Lust bekommen haben?

Christa Weber: Im Internet findet man viele Gedichte, die man vortragen kann. Auch Zitate unserer Klassiker eignen sich. Warum nicht auch mal eine kurze Kammermusik, ein Stück von Bach oder Mozart abspielen? Oder ein Lied von Franz Josef Degenhardt? Unsere Partei hat 1985 ein wunderbares Lesebuch zu Kunst, Kultur und Politik herausgebracht: „Nicht einen Klang geb ich euch ab“. Dem kann man viele Anregungen und Texte entnehmen. Auch das Buch „Lob des Kommunismus – Alte und neue Weckrufe für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen“ kann helfen.

„Weiber, Luder, Hexen“, 28. Februar, 19 Uhr, im Rahmen von Musik am Park, Karl-Liebknecht-Schule, Am Stadtpark 68, Leverkusen, Eintritt 10 Euro, ermäßigt 5 Euro
Kontakt zu Christa Weber: weber-herzog@freenet.de, christa-weber.de

„Nicht einen Klang geb ich euch ab – Lesebuch zu Kunst, Kultur und Politik“, Herausgeber DKP, antiquarisch, 6 Euro, bei uz-shop.de
„Lob des Kommunismus – Alte und neue Weckrufe für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen“, Hermann Klenner, Eckart Spoo und andere (Herausgeber), Neue Impulse Verlag, 164 Seiten, 20 Euro

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    "Kunst kann ausdrücken, was unsagbar ist", UZ vom 24. Januar 2025



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