Bemühte Eiferer
Missbrauch steht bevor. Die Berliner Festspiele planen im Herbst ein Kunst- und Filmprojekt, für das unter anderem die Berliner Mauer symbolisch wieder aufgebaut werden soll. Dies sei Teil eines europäischen Zyklus, gibt man kund. Die einprägsame Parole der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ soll in Berlin, London und Paris künstlerisch umgesetzt werden. Den Berlinern fällt dazu ein, die Mauer an prominenten Orten in Berlin-Mitte aufzubauen und am 9. November symbolisch wieder niederzureißen. Mit einem solchen Spektakel den ideologisch hochaufgeladenen Begriff der „Freiheit“ zu instrumentalisieren ist typisch für die politische Elite, alles passend zu machen und dabei 40 Jahre DDR-Geschichte wieder mal abzuservieren. Eine Sprecherin der Berliner Festspiele betonte, Genehmigungen bei den Berliner Behörden und Gespräche mit den Anwohnern sowie Partnern für das Projekt seien noch nicht abgeschlossen. Es bleibt zu hoffen, dass die „Gespräche“ den Schwachsinn begraben, spätestens, wenn die Kosten für das Event bekanntwerden.
Kunstdebatte?
Die Aufregung in Bochum über das Hin und Her bei der Ruhrtriennale, einschließlich der Einmischung des NRW Ministerpräsidenten Laschet, geht weiter. Die Intendantin, Stefanie Carp, hat die Einladung der umstrittenen Band „Young Fathers“ verteidigt. Es sei ein Fehler gewesen, die schottische Band wieder auszuladen, sagte sie am Samstag in Bochum bei einer Podiumsdiskussion über die Freiheit der Kunst. Die Band hatte sich nicht von der umstrittenen israelkritischen Bewegung BDS distanziert und die erneute Einladung abgelehnt. Der Vorsitzende der Freunde und Förderer der Ruhrtriennale, Michael Vesper (ein grüner Grüßaugust in vielen Bereichen), erklärte, Kunst könne Brücken bauen, Boykott sei das falsche Instrument. Der frühere Bundestagspräsidenten Norbert Lammert moderierte die Diskussion und sagte, das Spannungsverhältnis zwischen Freiheitsanspruch und politisch-historischer Verantwortung müsse immer wieder neu diskutiert werden. Außerdem glaube er nicht, dass Kunstfreiheit hier als Argument ziehe, denn um die Kunstfreiheit gehe es in dieser Auseinandersetzung nicht. Recht hat der Mann, aber die Gründe für die Aufregung werden auch von ihm nicht genannt: Kritik an der israelischen Regierung im Umgang mit dem palästinesischen Volk und seinen berechtigen Forderungen führen zu Pawlowschen Reflexen bei den Herrschenden, wer anders denkt und handelt, wird – in diesem Fall – davon abgehalten, ein Konzert zu geben.
Solidarität
Rechtsextreme Gewalttäter wollten der sozialistischen Buchhandlung „Bookmarks“ in London schaden und verwüsteten den Laden. „Es war kurz vor Ladenschluss am vergangenen Samstag, als 12 oder 13 Leute in den Laden gestürmt sind und angefangen haben rumzubrüllen. Einer trug eine Trump-Maske. Sie warfen Bücher umher, zerrissen Magazine im Eingang und haben unsere Verkäufer bedroht und generell Chaos verursacht“, so der Leiter, Dave Gilchrist. Das Ereignis löste eine Welle der Unterstützung für die linke Institution aus, die Historikerin Louise Raw erinnert an die 1970er Jahre, in denen sich die Anti-Nazi-League der rechtsextremen National Front entgegenstellte. Es sei Zeit, wieder auf die Barrikaden zu gehen, so Raw: „Ich bin heute Mutter, keine Ninja-Kämpferin. Ich werde euch auf den Barrikaden also wahrscheinlich eher mit Lunch-Paketen versorgen. Nichtsdestotrotz bin ich bereit, den Faschisten in den Hintern zu treten.“ Solidarisch zeigten sich viele Künstler, der britische Regisseur Ken Loach ist darunter und die Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling. Der Autor David Rosenberg lässt Grüße von Labour-Chef Jeremy Corbyn ausrichten: „Dass sie Buchläden angreifen zeigt, wie viel Angst sie haben vor Ideen von einer anderen Welt.“