Kultursplitter

Von Herbert Becker

Reaktionärer Dreck

Mehrere Autoren fordern in einer von ihnen sogenannten „Erklärung 2018“ unter dem Titel „gegen illegale Masseneinwanderung“, „dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird“. Zu den Unterzeichnern der im Internet veröffentlichten Erklärung gehört der Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp, dessen Kritik an der Flüchtlingspolitik vorige Woche eine Kontroverse ausgelöst hatte. Initiatorin dieser reaktionären, nur mit Würgereiz zu lesenden, Hetze ist die sich seit Jahren in diesem Umfeld tummelnde lautstarke Vera Lengsfeld. Sie ist der Meinung, „dass die deutschen Politiker und die mit ihnen verbündeten Medien die Republik in eine Gesinnungsdiktatur treiben“. Zu den Unterzeichnern zählen weitere immer gerne sich dazugesellende Figuren wie Henryk M. Broder und Thilo Sarrazin. Das erwünschte Medienecho blieb aber bisher aus, weitere Unterzeichner konnte die Truppe bisher nicht gewinnen.

Klasse und Spielwitz

Die Schauspielerin Sophie Rois ist mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring geehrt worden. Sie erhalte den mit 10 000 Euro dotierten Preis auch „als ausdrückliche Würdigung für ihr langjähriges Bekenntnis zum Ensembletheater an der Berliner Volksbühne“, heißt es in der Begründung der Jury. Das Gremium attestierte der Schauspielerin „Professio­nalität, inhaltliche Unbestechlichkeit und ungeheuren Spielwitz“. Sie wird für ihre Rolle als Hexe in Goethes „Faust“ ausgezeichnet. Die Auszeichnung, die als einer der bedeutendsten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum gilt, wurde der 56-Jährigen im hessischen Bensheim am 17. März überreicht. Der Preis wird von der Stadt Bensheim zusammen mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste vergeben. Sophie Rois gehörte seit 1993 zum festen Ensemble der Volksbühne. Nach der Ernennung des umstrittenen neuen Intendanten Chris Dercon reichte sie die Kündigung ein. Mit ihrer beeindruckend wandlungsfähigen Stimme hat sie auch viele Hörbücher eingespielt.

War was in Leipzig?

Bei der Frankfurter Buchmesse im Herbst 2017 war es rund um rechte Verlage zu Tumulten gekommen. Entsprechend gespannt blickte man auf die Leipziger Buchmesse 2018. Würden sich die Szenen wiederholen? „Über Rechte schreiben“ – das war der Titel einer Veranstaltung am Morgen. Veranstaltet von der Initiative „Verlage gegen rechts“.  Auf dem Podium saßen der Rechtsextremismus-Experte An­dreas Speit, die Publizistin Liane Bednarz, die über Neue Rechte schreibt, und der Verleger Christoph Links von der Initiative #verlagegegenrechts. Sowohl Liane Bednarz als auch Andreas Speit stellten mit Blick auf die Debatte „Mit Rechten reden“ fest, dass es bei den Rechten ein gewisses Beleidigtsein gebe, sobald sie Widerspruch erfahren. Wie bestellt, wurde die Veranstaltung durch Zwischenrufe rechter Protagonisten wie Götz Kubitschek oder seiner Frau Ellen Kositza gestört. Es gab auch eine Lesung des rechten Antaios-Verlages, bei der es Proteste gab. Das Leipziger Bündnis war der Meinung, dass den Rechten zu viel Aufmerksamkeit geschenkt würde. Hanna Sandner, die Sprecherin des Bündnisses, sagte: „Wir konnten in den letzten Jahren feststellen, dass sich der Bereich des Sagbaren extrem nach rechts verschoben hat. Das ist gefährlich. Mit solchen Leuten wollen wir hier nicht diskutieren. Wir wollen eine Debatte eröffnen. Aber nicht mit der Neuen Rechten, sondern über sie.“ Eine andere Frage ist, ob die Leipziger Buchmesse den richtigen Umgang mit rechten Verlagen gefunden hat? Die Lesungen rechter Verlage konnten wegen der vielbeschworenen Meinungsfreiheit, um die hier so viel diskutiert wurde, stattfinden. Doch wenn man die Messeleitung fragt, wie sie ihren Spagat aushalten will, dann blickt man in sehr ratlose Augen.

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"Kultursplitter", UZ vom 23. März 2018



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