Kultursplitter

Von Herbert Becker

Humboldt-Forum

Hermann Parzinger will die gemeinsame Forschung mit den Herkunftsländern des kolonialen Erbes im Berliner Humboldt-Forum verstärken. „Ähnlich wie bei NS-Raubkunst muss der ganze Weg rekonstruiert werden“, sagt der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in einem Interview. Er reagiert damit auf Kritik am Umgang mit dem Bestand der Ethnologischen Sammlung, die künftig im wiederaufgebauten Berliner Stadtschloss gezeigt werden soll. Diese Sammlung soll den Kern und den größten Platzbedarf ausmachen, kritisch anzumerken ist, dass Hunderttausende der Objekte eigentlich nicht zum Bestand des Museums gehören dürften, da sie größtenteils Beutekunst sind, die im Zeitalter des Kolonialismus mehr oder weniger gewaltsam ihren ehemaligen Eigentümern abgepresst worden sei. Wegen der knappen Ressourcen des Museums für die Provienzforschung sei das aber nur „anlassbezogen“ möglich, soll heißen, wenn geklagt wurde, zudem sei die Aktenlage wegen Kriegsverlusten lückenhaft. Von einem „rechtmäßigen Erwerb“ gehe das Museum „bei den Sammlungen, die nach 1945 erworben wurden“, aus. Diese umfassen 80 000 Objekte, was im Umkehrschluss heißt: Bei 420 000 Objekten sind die Erwerbsumstände zweifelhaft, also bestimmt kein „Preußischer Kulturbesitz“. Der französische Präsident Emmanuel Macron gab kund, die afrikanische Kunst aus den französischen Museen zurückzugeben. Ob Macron dies nicht nur ankündigt, sondern tatsächlich umsetzt, ist eher fraglich, denn die französischen Museen haben bereits ihren Widerstand angekündigt, genau mit den gleichen Argumenten wie in Berlin.

Anlaufstelle

Die amtierende und wohl auch künftige Kulturstaatsministerin Monika Grütters will eine Anlaufstelle für Missbrauchsopfer aus der Kreativbranche finanzieren. „Die Betroffenen brauchen einen geschützten Raum, in dem sie sich anonym und ohne Angst vor negativen Folgen offenbaren und beraten lassen können – auch rechtlich“, sagte Grütters vor der am Donnerstag beginnenden Berlinale. „So ein Hilfsangebot darf nicht am Geld scheitern. Wir bieten an, das für den Kulturbereich anzuschieben und für drei Jahre zu finanzieren“, so die CDU-Politikerin. Im Papier für die geplante neue GroKo findet sich dazu kein Satz, aber vielleicht findet sie noch die paar Euros für ihr „Projekt“. Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind, krebsen finanziell oft herum, für das alltägliche Ausnutzen männlicher Macht aus der „normalen“ Abhängigkeit in Betrieben, Behörden, Vereinen usw. fehlt es dagegen völlig. Wer nur Film, Theater, Tanz und Musik im Blick hat, will über das eigentliche gesellschaftliche Phänomen nicht sprechen und es aus der öffentlichen Diskussion heraushalten.

Deutscher Pavillon

Der von den deutschen Faschisten „neugestaltete“ Pavillon in Venedig wird sowohl für die Kunstbiennale wie für die im Mai stattfindende nächste Architekturbiennale genutzt. Bestürzend ist, dass in diesem Jahr Marianne Birthler, die frühere Bundesbeauftragte der sogenannten Stasi-Unterlagenbehörde, die Ausstellung kuratiert. Kunst und Kultur zählten bisher nicht zu den politischen Qualitäten der Dame, aber das gefundene Thema „Unbuilding Walls“ kann sie bestimmt so gestalten, wie es sich gehört, wenn der „Unrechtsstaat DDR“ vorgeführt werden soll. Bekannt ist, dass man 28 Jahre nach dem Mauerfall 28 Projekte präsentieren will, die „auf dem ehemaligen Todesstreifen“ entstanden seien. Im Ankündigungstext heißt es, man werden „teilweise Neubauten, teilweise komplette Rekonstruktionen, teilweise auch die Leere zeigen, die geblieben ist.“ Die internationalen Fachleute, Städteplaner, Architekten und Grenzzieher werden ihre helle Freude haben oder sich so ihre Gedanken über deutsche Vorstellungen machen.

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"Kultursplitter", UZ vom 16. Februar 2018



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