Kultursplitter

Von Herbert Becker

Wilhelm II

Die Film- und Fernsehgesellschaft Ufa will in einer Serie, direkt mit mehreren Staffeln geplant, das Leben von Wilhelm II. ins Fernsehen bringen. Wenn es nach den Machern geht, soll die Entwicklung von einem ungeliebten Kind zu einem mächtigen und gefährlichen Herrscher nachgezeichnet werden. Am Drehbuch sitzen Dorothee Schön und Sabine Thor-Wiedemann, die auch die Drehbücher für die Serie „Charité“ über das Berliner Klinikum geliefert hatten. So wie diese Produktion angelegt war, menschelnd und individualistisch, verspricht die neue Produktion nichts, auf das man sich freuen könnte. „Die schwierige Kindheit Wilhelms II. ist für uns das menschliche Saatkorn für die fatale kriegerische Entwicklung im Europa des 20.Jahrhunderts“, erklärten die Damen. Also die immer wieder vernutzte Schönschreiberei und der Versuch, über die Psychocouch alles zu begründen.

Gurlitt-Debakel

Die Doppelausstellung „Bestandsaufnahme Gurlitt“ startet nach Bern auch in Bonn. Auf den Werken großer Künstler – wie Dix, Kandinsky und Klee – liegt indes der Schatten der NS-Geschichte. Sowohl im Berner als auch im Bonner Ausstellungsteil wird Wert auf Vermittlung und die Demonstration von Transparenz gelegt: Anstelle der üblichen kleinen Labels mit dem Titel des Werkes finden sich nun unter jedem Bild übergroße Angaben zur Provenienz, also zu Herkunft und Weg des jeweiligen Bildes seit seiner Entstehung. Hildebrand Gurlitt war ein angesehener Kunsthistoriker und Leiter mehrerer Museen, bevor er in der Zeit des Faschismus als Kunsthändler für die NS-Prominenz arbeitete. Nach dem Krieg und kurzem Verfahren wurde er Leiter des Kunstvereins für die Rheinlande und legte – wohl auch aus den Käufen der Vorjahre – eine umfangreiche Privatsammlung an. Die Provenienzrecherchen nach dem Auffinden von über 1 200 Bildern beim Sohn Cornelius Gurlitt werden derzeit noch mit mehr als siebenhundert Positionen beziffert. Klar ist wohl, das meiste war üblicher Dreckshandel durch das Ausnutzen von Macht und Einfluss, besonders in Frankreich. Der Kunstmarkt wäre froh, wenn die meisten dieser Bilder nicht auf den Markt gelangen würden, denn diese Menge würde die Preise verderben. Dass die Aufarbeitung schleppend verläuft, hat mit dem Wunsch zu tun, die vielen und alle Branchen betreffenden „Arisierungen“ und „Beutegutvermögen“ nicht weiter und intensiver zu verfolgen.

#Metoo

Unter diesem Hashtag läuft seit einigen Wochen eine große mediale Kampagne. Ausgelöst durch die sexuellen Belästigungen oder Schlimmeres des US-Filmproduzenten Harvey Weinstein melden sich in vielen Ländern viele Frauen, besonders aus der Glitzerwelt von Film und TV, aber auch weit darüber hinaus. Mittlerweile haben mehr als 1 Million Frauen dazu gepostet. Viele Erklärungen werden geliefert, warum solche Übergriffe, verbal und/oder handfest, stattfinden, warum den meisten Männern jegliches Schuldgefühl fehlt und warum viele Frauen erst nach Jahren oder Jahrzehnten darüber reden können. Das Gerede vom „Geschlechterkampf“, von „Sexismus“ und „Rollenverhalten“ führt sicherlich nicht weiter, aber leider lesen sich viele der Posts als hilflose Versuche und sogar eigene Mitschuld wird bemüht. Manche Kommentatoren kommen auf die richtige Spur: Sexuelle Gewalt ist Ausdruck von Machtverhältnissen und Macht ist immer Ausdruck von Herrschaft, die auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert. Zu wünschen wäre, dass Männer und Frauen, für die Klassenkampf und sozialistische Umgestaltung keine Fremdworte sind, sich gemeinsam diesem Phänomen stellen und Antworten geben.

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"Kultursplitter", UZ vom 10. November 2017



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