Kultursplitter

Von Herbert Becker

Warum nur?

Die vor gut zwei Jahren in einer Bad Dürkheimer Lagerhalle entdeckte NS-Kunst bleibt vorerst unter Verschluss. Das damit verbundene Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei laufe noch, sagte ein Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage. Wie lange es noch dauern werde, wisse er nicht. Auch zur aktuellen Zahl der Verdächtigen machte er keine Angaben. Im Mai 2015 waren Fahnder bei einer Razzia wegen des Verdachts der Hehlerei an rechtswidrig erlangtem Bundesvermögen auf die Stücke gestoßen. In der Lagerhalle fanden sie mehrere monumentale Objekte, darunter die „Schreitenden Pferde“ von Josef Thorak sowie Werke der NS-Bildhauer Arno Breker und Fritz Klimsch. Nach damaligen Angaben der Berliner Polizei wurden acht Verdächtige ermittelt. Sie sollen die Skulpturen und Reliefs gestohlen und den Weiterverkauf ausgehandelt haben. Kulturstaatsministerin Monika Grütters sagte, die NS-Kunst aus Adolf Hitlers einstiger Reichskanzlei solle ausgestellt werden, um eine kritische Auseinandersetzung damit zu ermöglichen. Was sie darunter versteht, ließ sie offen, zu befürchten ist eine Renaissance.

Spät, aber immerhin

Deniz Yücels Arbeitgeber WeltN24 (gehört zur Axel-Springer-Verlagsgruppe) hat wegen dessen Inhaftierung in der Türkei Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Der Verlag WeltN24 beanstande eine Verletzung seiner Presse- und Berichterstattungsfreiheit, teilte das Unternehmen mit. Die grundlose Inhaftierung mache eine unmittelbare Vor-Ort-Berichterstattung aus der Türkei unmöglich. Soll wohl heißen, dass der Verlag andere Journalisten nicht in das Land schickt. „Wir nutzen alle rechtlichen Mittel, um die Berichterstattungsfreiheit sowohl Deniz Yücels als auch des Verlags zu verteidigen“, sagte WeltN24-Geschäftsführerin Stephanie Caspar. Yücel selbst hatte im April Beschwerde gegen seine Inhaftierung beim EuGH eingelegt. Die Bundesregierung hatte angekündigt, Yücel bei seiner Beschwerde in Straßburg zu unterstützen. Außer dieser Absicht liegt bisher nichts vor, auch dem EuGH ist kein Schreiben bekannt. Alle Appelle, den Journalisten freizulassen, waren bislang vergeblich.

Soweit ist es schon

Der bundesweite Vorlesetag ist eine gemeinsame Initiative von „Die Zeit“, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung. Jedes Jahr am dritten Freitag im November sind plakativ und mehr oder minder medial aufgehübscht über 130 000 Vorleserinnen und Vorleser im Einsatz und lesen an Schulen und in Kindergärten. Organisiert werden die Schauveranstaltungen von der Stiftung Lesen, die sich in diesem Jahr „offen für alle“ zeigt. Die Präsidentin des deutschen PEN, Regula Venske, kritisiert die „Stiftung Lesen“. Diese habe AfD-Politiker eingeladen, am bundesweiten Vorlesetag teilzunehmen. Nach Auffassung des deutschen PEN sind die Grundsätze der AfD, die sich gegen die bestehende kulturelle Vielfalt und Toleranz richten, nicht vereinbar mit den an Schulen und Kitas vertretenen und unsere Gesellschaft bereichernden Leitbildern, so Venske. Gegenüber Deutschlandfunk Kultur erklärte der Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, Jörg F. Maas, dass die Stiftung alle im Bundestag und in den Länderparlamenten vertretenen Parteien mit Ausnahme der NPD auf ein mögliches Engagement beim Vorlesetag lediglich aufmerksam gemacht habe. Dabei sei darauf hingewiesen worden, fremdenfeindliche, rassistische und antisemitische Äußerungen in Bildungseinrichtungen zu unterlassen. Nett, aber auf solche „Äußerungen“ sollte nicht nur hingewiesen werden, den Schulen und Kitas müssen Hilfen gegeben werden, damit sie bei ihrer Planung, wen sie zum Vorlesetag in ihre Einrichtung einladen wollen, nicht auch noch so jemandes Bereitschaft annehmen.

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"Kultursplitter", UZ vom 11. August 2017



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