Die Monstranz, die gerne bei Debatten über Kunst- und Kulturpolitik vorangetragen wird, ist die vom „Föderalismus“, der den Bundesländern den ersten Platz zuweist. Stimmt zwar dann, wenn es um Ausführungsbestimmungen geht, aber wenn es grundsätzlich wird, also um Bedingungen und Geld geht, ist der Bund der oberste Würdenträger. Beispiele mögen deutlich machen, wie die Spiele gespielt werden.
Schutzwürdig
Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, lässt zur Zeit eine Novellierung des sogenannten „Kulturschutzgesetzes“ durch das Parlament laufen. Die Befürchtungen, dass der überhitzte Markt – „Wohin bloß mit dem vielen Geld?“ – auch Kommunen und Bundesländer dazu verleitet, Kunstwerke meistbietend zu verscherbeln und dass Privatsammler und Galeristen sich international positionieren, um den „Markt“ zu bedienen, hat die Ministerin auf den Plan gerufen. Mit der Formulierung „wo ein wesentlicher Verlust für den deutschen Kulturbesitz“ drohe, sollen Sachverständige Kunstwerke in eine Liste aufnehmen, um den Verkauf ins Ausland zu verhindern.
Solch ein schwammiger Gesetzestext und die Berufung von Experten, die sich in diesem Geschäft selber tummeln, fördert ein gewünschtes Szenario: Was verlustreich wäre, steigt im Wert, was dann so wertvoll ist und geschützt werden muss, muss auch bezahlt werden. Findet sich kein Privatkäufer, wird wohl der Steuerzahler dafür aufkommen. So bedient man Interessen unter dem Deckmantel nationaler Tümelei.
Soft Power
Dem Auswärtigen Amt untersteht das Goethe-Institut, das in über 90 Ländern Niederlassungen betreibt. Der oberste Dienstherr, Frank-Walter Steinmeier, besuchte vor wenigen Tagen die Zentrale in München und schwadronierte über die Bedeutung deutscher Kulturpolitik. Es werden ja nicht nur Deutschkurse angeboten (die sind manchmal recht skurril, wenn man sich die Lehr- und Lernmaterialien ansieht), mehr noch sind es die vielen Veranstaltungen aus Vorträgen, Lesungen, Filmvorführungen, die Ausstattung der jeweiligen Bibliothek usw. über die das, was der Außenminister unter „unserem Wertekanon“ versteht, der „sanften Macht“, wie in Anlehnung an die „soft skills“ die ideologische Arbeit genannt und geleistet wird. Steinmeier redet von Dialog und Verständigung und meint Einübung in die westliche Wertegemeinschaft, er meint auch, dass Konflikte sich nicht immer friedlich lösen lassen, auch dabei muss auswärtige Kulturpolitik ihren Beitrag leisten.
Schauen und Schütteln
Die Bundeskunsthalle Bonn – Träger sind der Bund und die Länder – ist auch so ein Vorzeigeobjekt deutscher Kunst- und Kulturpolitik. Drei aktuelle Ausstellungen sind typisch:
Im Vorfeld des 100. Geburtstages (2019) des Weimarer Bauhauses zeigt man in Bonn eine Fülle von Objekten in „kritischer Distanz zum modernen Design“. Weniger kritisch, nämlich gar nicht, geht die Ausstellung auf die Geschichte des Bauhauses ein, also die Schließung 1933 und Flucht und Vertreibung vieler Lehrer und Mitarbeiter.
Opulent geraten ist die Ausstellung über „Gartenlandschaften des Fürsten Pückler“ einschließlich eines entsprechend gestalteten Dachgartens. Die Macher formulieren, „wie europäische Gärten zu ausgedehntem Müßiggang und der puren Freude am Leben im Freien“ eingeladen haben und es immer noch tun. Wie viele städtische Parks und Gärten verrotten, weil die pure Freude am Erhalt den Kommunen abhanden gekommen ist?
Jürgen Teller, einem international bekannten Fotografen, widmet sich eine dritte Ausstellung. Er ist begeistert von Models, Musikgruppen und Promis, seine Bilder sieht man häufig in entsprechenden Magazinen. Die Schau ist betitelt „Enjoy Your Life“, als Aufforderung an die Reichen und Schönen sicherlich passend.