Kultursplitter

Forcierte Kulturpolitik
Zum ersten
Über die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird in letzter Zeit viel geredet und debattiert. Angeblich sei Reformbedarf, die Stiftung sei viel zu zersplittert, viel zu viele seien beteiligt, Entscheidungen dauerten zu lange. Nun hat sich auch der Deutsche Kulturrat zu Wort gemeldet und eigene Vorschläge gemacht. Seiner Meinung nach solle im Stiftungsrat nur noch der Bund und das Land Berlin vertreten sein, die anderen 15 Bundesländer und Gruppen der „Zivilgesellschaft“ können noch über einen Beirat mitreden, aber nicht mehr mitent­scheiden. Der nächste Versuch also, die Kulturhoheit der Länder, verankert im Grundgesetz, elegant auszuhebeln. Inhaltlich ähneln die Vorschläge denen, die aus dem Hause Merkel kommen, danach soll die Stiftung eine „Vorreiterrolle bei der Aufarbeitung der Bestände und der Rückgabe von NS-Raubkunst“ einnehmen und auch bei der Aufarbeitung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten wesentlich dabei sein. Der Vorschlag passt in eine Reihe von Bemühungen des Bundes, die Aufgaben der Bundesländer für Kunst, Kultur und Wissenschaft einzuschränken, um selbst zentralistisch zu bestimmen.

Zum zweiten
Einer Forderung des Bundestages aus dem letzten Oktober kommt Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zügig nach. Sie legt in diesen Tagen ein dreiseitiges Konzept für eine „Gedenk- und Bildungsstätte zu deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg“ vor. Danach soll die Gedenkstätte „die Verbindung von rassen­ideologischer Eroberungspolitik, Gewaltandrohung, Krieg und Diplomatie“ behandeln (wie ein Ort „handelt“, ist schleierhaft). Der Gedenkort soll mehrere Schwerpunktaufgaben haben, so zur Sterilisation und Ermordung von Menschen mit Behinderung, dem kalkulierten Verhungernlassen von Gefangenen, dem Einsatz von Gaswagen und Gaskammern, Massakern, Massenerschießungen, Zwangsarbeit und dem Zwang zu Kollaboration.

Im Papier sucht man vergeblich Hinweise auf den Zusammenhang von Kapitalismus und Faschismus, auch scheint es nur wenige „Täter“ gegeben zu haben, die Hunderttausenden, die sich an den Arisierungen und bei den Raubzügen und Verbrechen beteiligten, haben wohl nur auf Befehlt gehandelt. Die Konzeption für die Stätte soll bis Ende des Jahres unter Federführung des Deutschen Historischen Museums, natürlich mit Sitz in Berlin, erarbeitet werden.

Zum dritten
Nun ist es – vorerst nur digital – eröffnet worden: Die „Blaupause“, so Kulturstaatsministerin Monika Grütters, das Humboldt-Forum in Berlin, wird bald öffentlich zugänglich sein. Die CDU-Politikerin meint beschönigend, das Haus könne einen „Dialog“ gestalten über Geschichte und den heutigen Umgang damit. Da stimmt nun alles nicht, es beginnt schon mit den politischen Absichten, die sich hinter der Baugeschichte zeigten, die nicht thematisiert werden, dem brutalen Abriss des „Palastes der Republik“ aus DDR-Zeiten, um Geschichte zu tilgen, das Wiederaufleben des preußischen Militarismus … genug davon. Es muss vielen DDR-Bürgern, die den Palast kannten und nutzten, ein Stich ins eigene Leben sein, diesen missratenen Schandfleck einer „Rekonstruktion“ des Hohenzollernschlosses ansehen zu müssen.

Eine „Blaupause“ ist der Bau tatsächlich, er zeigt den unseligen Umgang mit deutscher Vergangenheit, eine Geschichtsklitterung erster Güte, die Gewaltgeschichte des Kolonialismus, der Raubzug besonders in afrikanischen Ländern, der immer noch stolz sich in den Beständen zeigen lässt. Und dafür findet man auch noch wohlfeile Begründungen. Der Bau ist ein nostalgisch verbrämtes, trotziges Monstrum für ein anhaltendes Nicht-Unrechtsbewusstsein.

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"Kultursplitter", UZ vom 8. Januar 2021



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