Kultursplitter

Blendwerk
Der nächste Brosamen aus dem Bundeskanzleramt: Die dort residierende Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erhöht die Fördersummen für den Verleih künstlerisch anspruchsvoller Filme. Insgesamt rund 800.000 Euro sollen es nun sein, die maximale Förderhöhe von 50.000 Euro wird auf 150.000 Euro Zuschuss pro Film angehoben. Mit Verlaub: Dabei geht es um den Filmverleih, mit der Produktion von Filmen hat das nichts zu tun. Dafür müssen Filmschaffende weiterhin viele Klinken putzen, um die notwendigen Mittel bewilligt zu bekommen. Erst wenn das geschafft wurde – kann manchmal Jahre dauern –, dann könnte der Verleiher von Arthouse- und Independent-Filmen sich an die Jury wenden, um einen nennenswerten und erfolgreichen Vertrieb mit genügend Kopien in den Kinos zu starten. Dass die Lichtspielhäuser kurz vor Pleiten stehen, dass die „Hilfen“ für die kleinen, engagierten Kinos viel zu gering sind, dazu mag sich Frau Grütters nicht äußern, ihr ist die nächste Nebelkerze wichtiger. Das kleine Einmaleins reicht, um sich auszurechnen, dass bei der neuen Förderei und der Höchstgrenze pro Film das Ganze für vielleicht gerade mal zehn bis zwanzig Filme reichen wird.

Spielt mal schön
Gestern startete die „Internationale Spielemesse“ in Essen, in früheren Jahren kamen bis zu 200.000 Interessierte in die Hallen, um neue Spiele zu testen und irgendwelche Juryentscheidungen für preiswürdige Spiele zu beklatschen. Diesmal ist es ein viertägiges reines Digital-Format. Ob die „Besucherzahlen“ genau so steigen wie die Nachfrage nach Spielen, wird erst nächste Woche klar. Die deutsche Spiele-Industrie hat seit dem Pandemie-Ausbruch und den folgenden Restriktionen kräftig anwachsende Umsätze zu melden. Quer durch alle Segmente seien die Umsätze mit Brettspielen um 21 Prozent gewachsen, teilte der Branchenverband Spieleverlage mit. Waren es bis dahin etwa 10 Prozent mehr pro Jahr, so freut man sich jetzt natürlich bannig über den Anstieg. Tatsächlich sind es haptisch erlebbare Spiele, viel weniger Spiele, die nur virtuell funktionieren. Die gestiegenen Umsätze werden nicht nur mit neuen Spielen begründet, die „alten“, zum Teil seit Jahrzehnten – wenn nicht länger – bekannten Spielen erleben eine ungeahnte Renaissance.

Plattmachen
Die Landesregierung NRW hat einen neuen „Corona-Erlass“ für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen bekannt gegeben. Demnach sollen ab einem bestimmten Inzidenzwert bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen maximal 250 Teilnehmer bei höchstens 20 Prozent Auslastung anwesend sein dürfen. Hört sich erst dann schlimm an, wenn man bedenkt, dass ein kleines oder auch mittleres Privattheater vielleicht zwei- bis dreihundert Sitzplätze hat, jetzt aber nur noch ein Fünftel belegt werden darf. Damit kann dann nicht mehr – wenn überhaupt – wirtschaftlich ein Theater betrieben werden. Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins, kritisiert den Erlass heftig, er sagt: „Es gibt bisher keine einzige nachgewiesene Infektion in einem Theater … insofern ist das überhaupt kein Ort, der irgendwie tauglich ist, um diesem steigenden Inzidenzwert zu begegnen.“ Die Theater, ob große Stadt- und Staatstheater oder die vielen kleinen Bühnen haben viele Anstrengungen unternommen, damit sie sichere Orte für die Beschäftigten, die Künstler und das Publikum sind. Der neue Erlass ist nur ein weiterer Beleg für die Unfähigkeit der Landesregierung und ihrer Ministerialbürokratie, mit den Folgen angeordneter Restriktionen umgehen zu wollen. Den Beschäftigten droht Arbeitslosigkeit, die zumeist freien Künstlerinnen und Künstler erfahren ein faktisches Berufsverbot.Herbert Becker

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"Kultursplitter", UZ vom 23. Oktober 2020



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