Kultursplitter

Wim Wenders
Mittlerweile nennt ihn das bürgerliche Feuilleton einen „Altmeister des neuen deutschen Film“. Wim Wenders ist 75 Jahre alt geworden, immer noch aktiv im Filmgeschäft. Seine Filmografie ist lang, in diesem Jahr kamen bisher zwei Kurzfilme dazu. Eigentlich, so Wenders selbst, wollte er Maler werden, dann habe er aber herausgefunden, dass man mit der Kamera auch wunderschöne Bilder machen könne. Filmpreise hat er reichlich gesammelt, darunter Oscar-Nominierungen und einige „Berliner Bären“. Seine Weltsicht hatte wenig mit dem realen sozialen und politischen Leben der Menschen zu tun, weder in den USA, in Frankreich noch in Deutschland. Er mag Außenseiter und Ausgestoßene, seine Empathie speist sich aus einem protestantischen Puritanismus. Sehenswert sind seine Dokumentationen, sowohl „Pina“, die beeindruckende Leiterin des Wuppertaler Tanztheaters, als auch „Das Salz der Erde“ über die Arbeit des brasilianischen Fotografen Sebastiao Salgado. Die ARD feiert ihn nun mit einer umfassenden Werkschau bis Mitte September im Ersten.

Sonntagsruhe
Das Bundesarbeitsgesetz kennt noch keine Ausnahmen für Öffentliche Büchereien und Bibliotheken, anders als für Kinos, Konzerthäuser und Theater. Nun soll ein sogenanntes „Bibliotheksstärkungsgesetz“ (fehlt eigentlich nur noch das Wörtchen „gutes“ vor dem Wortungetüm) in NRW das ändern. Vorbild seien andere europäische Länder wie die Niederlande, wo man sonntags 10 Stunden geöffnete Bibliotheken vorfindet. Die Begründung der Landesregierung NRW ist wohl von Barbara Lison geschrieben, der designierten Vorsitzenden der Internationalen Vereinigung bibliothekarischer Verbände: Danach gelten Bibliotheken von nun an als „sogenannte dritte Orte, das heißt, sie bieten ganz viel vor Ort in ihren Räumlichkeiten an – an Inspiration, an kreativen Möglichkeiten“, und sie seien keine reinen Ausleihorte, sie seien Kultur- und Lernorte. Schön wärs, wenn denn die finanziellen und personellen Kapazitäten dem Anspruch Genüge tun würden, zumeist sind die Büchereien schnell im Visier der Sparkommissare. Die Gewerkschaft ver.di hat bereits Protest angemeldet, denn diese gewünschte Neuregelung geht zu Lasten der Beschäftigten.

Lisa Eckhardt
Die Sommerhitze setzt auch denen zu, die den „Kulturteil“ der Zeitungen dafür nutzen, sich so zu erhitzen, dass man Schlimmes befürchten muss. Lisa Eckhardt, die österreichische Künstlerin auf der Kabarettbühne, ist nun in den Fokus der Erhitzten geraten. Ihre Art, mit spitzer Zunge und bösartiger Satire dem Publikum einen Spiegel vorzuhalten, geriet nun in den Verdacht des Antisemitismus und Rassismus. Die Angriffe gipfelten in der Ausladung von einem Festival. Die PEN-Vorsitzende Regula Venske, die sich vor kurzem schon vehement gegen die Machenschaften gegenüber der VVN-BDA geäußert hatte, sagte nun zu den Vorwürfen: „Für Antisemitismus gibt es keine Entschuldigung. Bei Lisa Eckhart müssen wir über Satire und Figurenrede diskutieren. Der große Kabarettist Helmut Qualtinger hat auch aus Naziperspektive gesprochen. Die Frage ist, ob sie nicht dem Publikum den Spiegel vorhält, indem sie solche Positionen auf die Bühne bringt. Dekonstruiert oder reproduziert sie? Diese Debatte wird verhindert, wenn jetzt alle Antisemitismus schreien, die ihr Werk gar nicht kennen. Der Feind steht rechts.“ Und natürlich muss man sich genau überlegen, wie man auf Sprüche der Eckhardt reagiert wie „die Erektion des schwarzen Glieds braucht alle sieben Liter Blut, über die ein Mensch verfügt.“ Wer das nicht aushalten mag, sollte in den Keller gehen oder mit Schaum vorm Maul draufdreschen.

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"Kultursplitter", UZ vom 21. August 2020



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