Oscarchen
Das große Medienspektakel in Hollywood ging mit einer kleinen Überraschung zu Ende: Die südkoreanische Gesellschaftssatire „Parasite“ hat den Oscar für den besten Film erhalten. Erstmals ging damit die wichtigste Kategorie an eine nicht englischsprachige Produktion. Die Tragikomödie von Bong Joon Ho bekam auch die Oscars für die beste Regie, das beste Originaldrehbuch und den besten internationalen Film. Nachdem man dem öffentlichen Druck nachgegeben hat, mehr weibliche und mehr nicht-weiße Akademiemitglieder aufzunehmen, ist die Überraschung nicht so groß. Produziert wurde der Film mit amerikanischem Geld, von der Geschichte her hat man solche Storys schon häufiger gesehen, der Oscar sollte wohl als Zeichen des guten Willens angesehen werden. Aber dieser alljährliche Auflauf ist kein Fest des internationalen Kinos. Er bietet kein passendes Forum für gesellschaftlich relevante Debatten. Er sollte auch nicht allzu wichtig genommen werden, wenn es um Frauenrechte und gesellschaftliche Minderheiten geht. Dafür gibt es andere, wichtigere Foren. Der Oscar ist Show, Glamour und ein Schauplatz für Modedesign, Klatsch und Boulevard. Wenn der Oscar ein wirklich internationaler Filmpreis werden will, müsste er seine Kategorien radikal neu denken. Dann könnte man auch mit gesellschaftlich relevanten Ansprüchen an ihn herantreten. Andernfalls bleibt er was er ist: ein kommerzieller US-amerikanischer Filmpreis mit viel Show.
Cleveres Sparen
Eine Idee, die Kopfschütteln verursacht, aber bestimmt Nachahmer findet: In der Bremer Kunsthalle wird eine Audiobeschreibung das „Selbstbildnis mit grauem Filzhut“ von Vincent van Gogh ersetzen. Das Gemälde selbst kann man nicht zeigen, deshalb hat man eine Bildbeschreibung verfertigt und behauptet auch noch frech: „Die Abwesenheit des auratischen Werkes wird so spürbar gemacht und ermöglicht zugleich eine neue Art der Versenkung.“ Die Aufnahmen hat der Schauspieler Sky du Mont (der mit der schönen Baritonstimme) eingesprochen. Das berühmte Bild wird für die Sonderausstellung „In the Picture“ ab 21. Februar im Van-Gogh-Museum in Amsterdam benötigt, so kam man auf die abgedrehte Idee. Man darf gespannt sein, wann andere Museen auf die Idee kommen, ihnen fehlende Gemälde und Plastiken auf diese Art und Weise in ihre Ausstellungen aufzunehmen, im Endeffekt braucht man eigentlich gar keinen Platz für Originale, sondern bietet gleich die Hörkassetten an. Und raunende, gewichtige Worte, vielleicht in der Art früherer Schüleraufsätze (Bildbeschreibung) tröpfeln ins Ohr des Besuchers. Dann können auch gleich Museen geschlossen werden, vielleicht nur noch ein Zentraldepot für die Bestände, den Rest erledigt die Hörbuch-Industrie.
Treffen sich zwei
Der chinesische Künstler Ai Weiwei, der 2015 in die Bundesrepublik übersiedelte, will die AfD-Politikerin Alice Weidel zu einem Streitgespräch treffen. Weidel hatte den Künstler 2018 zufällig in einem Berliner Restaurant getroffen, ihn um ein Selfie gebeten und das Foto auf ihrem Twitter-Account gepostet. Ai Weiwei sagte, er habe nicht gewusst, wer Weidel sei. Bislang habe er keine Verbindung zu Weidel aufgenommen. Er glaube aber, „dass ein Gespräch mit so jemandem möglich ist“.
Ganz bestimmt, denn so weit liegen die ideologischen Vorstellungen nicht auseinander. Er meint, ähnlich wie die Chinesen seien die Deutschen autoritätsgläubig und ließen sich gerne unterdrücken. Frau Weidel kann ihm sicherlich sagen, dass sie das genau so sieht und dass das zu ihrer Politik passe.