Kultursplitter

Überdruss
Mit vorsichtig geschätzt mehr als 1 000 Veranstaltungen wird Ludwig van Beethoven bundesweit ein Jahr lang gefeiert. Sein runder Geburtstag ist zwar erst der 17. Dezember 2020, dann ist der 200. Freudentag. Aber die Gelegenheit lassen sich Konzertagenturen und Ausstellungsmacher nicht entgehen, ein ganzes Jahr lang was auch immer aus dem umfangreichen Werk aufzuführen und auszustellen. Allein in seiner Geburtsstadt Bonn zieht man das alljährliche Beethoven-Fest in die Länge und fängt jetzt bereits an. Noch in dieser Woche spielt das Bonner Beethoven-Orchester einen Marathon: Alle neun Sinfonien an nur einem Tag. Cross-over ist angesagt, denn der Komponist selbst kann sich ja nicht mehr wehren. Schön schräg ist die Ankündigung „Beatmachines reloaded“ mit der Aufforderung, sich selbst irgendwas zu basteln, mit dem man Krach machen kann. Ansonsten gibt es Stücke des Jubilars, gemischt mit Schönberg, Bartók, Stockhausen und anderen mit der Intention, dass sich das bestimmt irgendwie verbinden lässt.

Streitigkeiten
Der Arbeitskampf am Münchner „Haus der Kunst“ ist mit einer Einigung zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat beendet worden. Ursprünglich wollte das Museum die Bereiche Kasse, Oberaufsicht und Pforte outsourcen, angeblich wäre das bei der angespannten Finanzsituation unausweichlich. Die Einigung sieht vor, dass für diese drei Bereiche insgesamt 26 Vollzeitstellen festgelegt werden, diese sollen sich auf 30 bis 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilen. Die aktuell Beschäftigten können sich ab sofort um die Aufstockung ihrer Wochenstunden bewerben. Das Haus der Kunst, am Ende des Englischen Gartens gelegen, wird vom Freistaat Bayern betrieben, der sich dafür einer Stiftung bedient, die auch Mittel eintreibt von denen, die sich das leisten können. Seit dem Sommer gab es solidarische Unterstützung von bekannten Künstlern und Museumsmachern, in den Münchener Zeitungen jede Menge Leserbriefe, die sich gegen die Absichten äußerten.

Streit gibt es dennoch weiter, denn die Stiftung will sich lieber an den Kosten der zunächst für 2016 geplanten, längst verschobenen Generalsanierung des Gebäudes durch den Londoner Star-Architekten David Chipperfield beteiligen. Seine Pläne, den Bau in den Originalzustand aus der Nazi-Zeit zurückzuversetzen, sind umstritten, deshalb geht erstmal nichts voran, obwohl dringend was getan werden muss.

Kann das weg?
Rund 500 frühe Zeichnungen von Gerhard Richter, dem bekannten deutschen Maler, werden seit geraumer Zeit auf dem Kunstmarkt angeboten, doch keiner will sie haben. Bis zu 120 Millionen Euro wurden für ein Konvolut verlangt, das höchstens archivarisch und dokumentarisch von Interesse ist. Der verlangte Preis sei viel zu hoch, meinen Fachleute, und Gerhard Richter selbst sagt, die Hälfte sei Ramsch und sollte verbrannt werden. Das sieht der Mann richtig, denn das meiste dieser Blätter besteht aus Studien, Vorarbeiten und Studentenarbeiten, auch ist nichts signiert, datiert oder betitelt. Unklar ist, ob das Konvolut in Gänze von Richter ist. Das Dresdner Richter-Archiv ist zwar interessiert, will aber nicht nur ob der immensen Summe nicht mitmachen, sondern eben auch wegen möglicher Kuckuckseier. Selten hat sich Richter so klar geäußert wie bei dieser Causa, denn auffällig ist eher seine beständige Weigerung, sich zu eigenen Arbeiten zu äußern. Er will niemanden verprellen und gleicht damit der Kanzlerin: Erstmal nix sagen, um später zu machen, was die Umfrageergebnisse bringen. Oder bei Richter: Sollen sie doch alle sagen und meinen, was sie wollen, wichtig sind die Verkaufszahlen.

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"Kultursplitter", UZ vom 20. Dezember 2019



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