Kultursplitter

Von Herbert Becker

Drittmittel

Neue Zahlen der Kultusministerkonferenz belegen, dass die Abhängigkeit der Universitäten von Drittmitteln deutlich gestiegen ist. Im letzten Jahr nahmen die deutschen Hochschulen insgesamt rund 7,8 Milliarden Euro von dritter Seite ein. Die wachsende Bedeutung von meist forschungsbezogenen Drittmitteln für Universitäten lässt die prozentualen Aufwendungen für die Lehre sinken. Entfielen 1995 noch fast zwei Drittel dieser Mittel auf die Lehre, so sank der Anteil bis heute kontinuierlich auf knapp die Hälfte, obwohl in dieser Zeit die Zahl der Studierenden um fast 40 Prozent gewachsen ist. Die Grundfinanzierung der Lehre durch die Länder ist sogar von 51 auf 37 Prozent gesunken, die der Forschung von 26 auf 15 Prozent. Die medizinischen Einrichtungen an Universitäten sind dabei nicht berücksichtigt. Sie nehmen eine Sonderstellung ein und verfügen über deutlich höhere Drittmitteleinnahmen. Die sogenannten „Exzellenzuniversitäten“ sahnen natürlich am meisten ab, die RTWA Aachen liegt mit Abstand vorne. Ganze Büros in den Uni-Instituten ähneln Stabsabteilungen mittlerer und großer Unternehmen, beschäftigen sich nur mit der Geldbeschaffung, um damit die Forschungsvorhaben des Instituts den Geldgebern schmackhaft zu machen.

Seltsam

Manche Forderungen sind eher skurril oder können nur noch als Parodie gelesen werden:

Die Tierrechtsorganisation „Peta“ fordert allen Ernstes, dass es im nächsten Jahr bei den seltsamen Oberammergauer Passionsspielen eine Änderung geben müsse. Der Darsteller des Jesus Christus dürfe nicht mehr auf einem Esel reiten bei seinem nachgestellten Einzug in Jerusalem, er solle die Szene mit einem E-Scooter bewältigen. Die Verantwortlichen bei „Peta“ sehen den Ritt eines erwachsenen Christus-Darstellers auf einem Esel als tierschutzwidrig an. Sonst beschäftigt sich die Organisation mehr mit der Frage, ob das Klima zu retten sei, wenn wir uns alle vegan ernähren würden. Das Veterinäramt des zuständigen Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen lässt sich nicht beirren und bleibt dabei, dem traditionellen Ritt auf dem Esel stehe nichts entgegen. Weitere Vorschläge sind erwünscht, so beim Einsatz von Kindern (Einsätze bis spätabends), bei den Texten, bei den Eintrittspreisen zwischen 30 und 180 Euro.

Genutzt

Der „Goldene Löwe“ des Filmfestivals Venedig ging in diesem Jahr an „Joker“ des US-Amerikaners Todd Phillips. Damit gewann zum ersten Mal eine Comic-Verfilmung den Wettbewerb eines großen Kinofestivals. Der Film erzählt, wie aus einem psychisch kranken Mann der Bösewicht Joker wird. Die Hauptrolle spielt der US-Hollywood-Star Joaquin Phoenix. Der zweitwichtigste Preis – der Große Preis der Jury – ging an Roman Polanskis Film „J‘accuse“ über den jüdisch-französischen Offizier Alfred Dreyfus, erzählt nach dem Roman „Intrige“ von Robert Harris. Ob sich Polanski mit der Filmfigur selbst zeichnen wollte? Der italienische Schauspieler Luca Marinelli bekam den Löwen als bester Darsteller, die Französin Ariane Ascaride wurde als beste Schauspielerin ausgezeichnet. Ascaride und Marinelli nutzten ihre Dankessagungen für politische Erklärungen zur Flüchtlingskrise im Mittelmeer. So sagte Marinelli, der einen Seemann im Neapel des frühen 20. Jahrhunderts spielt, er danke allen Seeleuten, die nicht mehr die Fische einholten, sondern versuchten, Flüchtlinge zu retten und damit ein menschliches Antlitz Italiens in der Welt vermittelten. Auch Ascaride, die eine Arbeiterin in Marseille spielt, widmete ihren Preis denjenigen, die auf dem Grund des Mittelmeeres in den ewigen Schlaf gefallen seien.

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"Kultursplitter", UZ vom 13. September 2019



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