Nachruf
Der französische Zeichner und Buchillustrator Tomi Ungerer ist tot. Der international bekannte Künstler starb in der letzten Woche im Alter von 87 Jahren in Irland, wo er seit den 1970er Jahren seinen Lebensmittelpunkt gefunden hatte. Der 1931 in Straßburg geborene Ungerer hatte sich unter anderem als Autor und Illustrator von Kinderbüchern einen Namen gemacht – bekannte Werke sind unter anderem „Der Mondmann“ und „Die drei Räuber“. Außerdem schuf er scharfzüngige Bilderbücher für Erwachsene. In Deutschland ist „Das große Liederbuch“ – eine illustrierte Sammlung von Volks- und Kinderliedern – seit vielen Jahren ein Verkaufsschlager. Nach Angaben seiner Internetseite veröffentlichte er mehr als 140 Bücher, die in 28 Sprachen übersetzt wurden. Ungerer wanderte in den 1950er Jahren in die USA aus, es verschlug ihn auch nach Kanada. Seit 1976 lebte er mit seiner Familie in Irland – blieb seiner elsässischen Heimatstadt aber immer treu. In Straßburg gibt es ein Tomi-Ungerer-Museum – mit Tausenden Zeichnungen, die er seiner Geburtsstadt überlassen hat. Er erhielt diverse Preise und Auszeichnungen, kassierte aber auch nicht wenige Strafanzeigen wegen Verleumdung, Beleidigung und Blasphemie. Beides „ertrug“ er mit bissigem Humor, obwohl ihm oft „mehr zum Kotzen war als zum Zeichnen“, so seine Haltung.
Mühsame „Reform“
Nach langem Feilschen um Begriffe und Formulierungen ist eine Einigung bei der „Reform“ des Urheberrechts auf EU-Ebene gefunden worden. Lange Zeit war es besonders zwischen der Bundesrepublik und Frankreich strittig, wie die Vergütung für Kunst- und Medienproduzenten aussehen soll, deren Inhalte auf Online-Plattformen wie Youtube veröffentlicht werden. Hauptsächlich ging es um den Artikel 13 des EU-Urheberrechts, der die Plattformen verpflichten soll, Kunst- und Medienschaffende für ihre Inhalte besser zu vergüten, und der sie verpflichtet, Inhalte zu entfernen, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt wurde. Deutschland wollte erreichen, dass Kleinunternehmen und Start-ups von der Pflicht ausgenommen werden, bei ihnen bereitgestellte Inhalte zu filtern. Dies lehnte Frankreich ab. Nach dem Kompromiss müssen Firmen für Ausnahmen drei Kriterien erfüllen: Sie müssen mindestens drei Jahre bestehen, ihr Umsatz muss weniger als zehn Millionen Euro betragen und die Nutzerzahl muss unter fünf Millionen pro Monat liegen. So weit, so schön, viel wichtiger wird, wer die Rechteinhaber dabei unterstützen wird, diese neue, wenn in nationales Recht umgesetzte, Vorgabe auch durchzusetzen.
Aus der Provinz
Seit Januar gibt es eine Anti-Rassismus-Klausel für Theaterverträge, entworfen von der Juristin und Dramaturgin Sonja Laaser und der Regisseurin Julia Wissert. Das Theater Oberhausen ist die erste Bühne, an der Künstler die Klausel in ihren Vertrag aufnehmen wollen. Intendant Florian Fiedler begrüßt sie, doch die Verwaltung sperrt sich. Dabei soll es gar nicht darum gehen, mit der Anti-Rassismus-Klausel jemanden an den Pranger zu stellen, sagt Fiedler: „Der Leidensdruck muss schon sehr groß sein, bis jemand sagt, er bringt eine Premiere nicht raus. Am Theater werden Verträge nicht nur von der Intendanz gemacht, sondern vor allem eben auch von der Verwaltung.“ Ein Problem scheint zu sein, dass das Wort „Rassismus“ bei einigen Leuten starke Abwehrreaktionen hervorruft, sodass so eine eigentlich selbstverständliche Klausel abgewehrt wird. Das Theater Oberhausen ist das erste, das konkret mit der neuen Klausel konfrontiert wird und bei dem das auch öffentlich zum Thema wird. Nicht nur Theaterleute scheinen erkannt zu haben, dass unsere Gesellschaft an sich – und nicht einzelne Theater – strukturell rassistisch ist. Und wenn man bereit ist, das anzuerkennen, dann kann so eine Klausel natürlich auch helfen als Zeichen dafür, dass man bereit ist, sich damit auseinanderzusetzen.
Herbert Becker