Kulturelle Aneignung: Die Bauchtasche als Schwarzes Symbol

Wer für ein linkes Publikum schreibt, will den historischen Prozess voranbringen. Der menschheitsbefreienden Erkenntnis dicht auf den Fersen war in der vergangenen Woche das „Neue Deutschland“. Unter der Überschrift „Kulturelle Aneignung: Die Bauchtasche als Schwarzes Symbol“ setzte sich die Zeitung sehr ernsthaft mit der Frage auseinander, ob das Tragen von Bauchtaschen ein rassistischer Akt sei. Grundlage dieser erbaulichen Überlegungen war ein anonymer Beitrag auf „Indymedia“, der schon beim ersten Überfliegen als völlig durchgeknallt erkannt werden kann. Bauchtaschen zu tragen, erfahren wir dort, sei bei weißen Menschen genauso schlimm, wie sich Dreadlocks zu frisieren oder Yoga zu praktizieren. Schließlich würden schwarze Menschen mit Bauchtaschen als vermeintliche „Drogendealer“ diskriminiert, während weiße „Antifa-Macker“ nur die „Ghettoromantik“ des umgebundenen Beutels übernähmen, ohne jemals mit Drogen gehandelt zu haben. Wer das tue, meine es oft nicht böse, verhalte sich aber wie ein „guter Kolonisator“. Zur Ehrenrettung des „nd“: Der Autor meldete „erhebliche Zweifel“ an der Argumentation an. Besser hätte er geschrieben, dass sich die Aneignungsdebatte zum großen Teil in reaktionärer Phrasendrescherei erschöpft und mit dem Kampf gegen Rassismus oder Unterdrückung nicht das Geringste zu tun hat. Die Tatsache, dass selbst die dümmstmöglichen Beiträge dazu noch ihr Publikum finden, zeigt vor allem den Zustand einer „Linken“, die von Frieden und Klassenkampf nichts mehr wissen will.