Das „Fest der Kultur Palästinas“ fand am 31. August 2024 in Frankfurt am Main statt. Dazu lud Palästina e. V. ein, unterstützt von zahlreichen weiteren Organisationen und Einzelpersonen, die mit Palästina solidarisch sind. Im Sommer 2023 hatte der Verein schon einmal ein solches Kulturfest organisiert.
Zwischenzeitlich ist viel passiert: Das erste Fest fand schließlich vor dem 7. Oktober 2023 und den seither massiven Verschärfungen und Repressalien gegen die Palästina-Solidarität in Deutschland statt. Nach zahlreichen Versammlungsverboten und dem von den Behörden zerschlagenen Palästina-Kongress in Berlin war es keinesfalls selbstverständlich, dass das Fest wie geplant stattfinden konnte. Doch wie auch im Fall der vielen Palästina-Camps, die im Sommer an Universitäten in ganz Deutschland entstanden, setzten sich die Organisatoren durch.
Reiche Kultur
„Mehr Agitation als Information“ titelte am Tag darauf die „Frankfurter Rundschau“, die seit Jahren mit Vorliebe gegen die lokale Palästina-Bewegung schießt. Dass es aber nicht um reine Folklore ging, daraus haben die Organisatoren nie ein Geheimnis gemacht, im Gegenteil: Das Fest war als politische Versammlung angemeldet worden. Im Aufruf hieß es: „Ein besonderer Fokus wird in diesem Jahr auf den Zusammenhang zwischen palästinensischer Kultur und dem palästinensischen Widerstand gegen über 76 Jahre Kolonialismus, Besatzung, Vertreibung und Genozid gelegt.“ Palästina e. V. erklärte gegenüber UZ: „Es geht darum, die Kultur Palästinas als Kultur des Widerstandes, der Resilienz sichtbar zu machen.“
Und davon, wie reich diese widerständige Kultur der Palästinenser ist, bekamen die Besucher an diesem Tag in der Tat einen guten Eindruck: Von palästinensischen Gerichten wie Falafel und Hummus über volkstümliche Musik und politische Poesie bis hin zu traditioneller Kleidung. Auf der zentralen Bühne und in den verschiedenen Pavillons gab es politische Reden, verschiedene Vorträge, Interviews sowie Lesungen und einen Poetry-Slam, teilweise via Live-Stream aus dem Gazastreifen. Außerdem gab es den ganzen Tag über Workshops in der traditionellen Tatreez-Stickerei, Henna-Malerei und die Möglichkeit, selber T-Shirts und Jutebeutel mit palästinensischen Symbolen zu bemalen oder Buttons herzustellen. An einem Stand konnten Besucher handgestaltete Deko und Kunst bekommen, an einem anderen sich eine Ausstellung mit Fotos aus verschiedenen Städten Palästinas ansehen. Im Bücherzelt lagen Werke bekannter palästinensischer Autoren, Bücher zur Geschichte Palästinas und Biografien bekannter Palästinenserinnen und Palästinenser auf Deutsch, Englisch und Arabisch aus. Eine Konsequenz aus dem Versammlungscharakter war, dass alles, was auf dem Fest angeboten wurde, kostenlos war. Statt Eintritt oder Preise zu verlangen, wurde um Spenden gebeten.
Angemeldet wurden 2.000 Teilnehmer. Aufgrund des ständigen Kommens und Gehens, des Entfliehens der Leute vor der Mittagssonne in die Schatten der Pavillons und Sonnensegel und des großen Laufpublikums konnten weder die Polizei noch die Organisatoren im Nachhinein eine verlässliche Zahl der Gesamtteilnehmer angeben. Die Behörden gingen von bis zu 250 gleichzeitig teilnehmenden Personen aus, was für den Abend auf jeden Fall deutlich zu niedrig angesetzt war. Die „Hessenschau“ nahm diese Angabe der Polizei zum Anlass, zu behaupten, dass weniger Personen das Fest besucht hätten als angemeldet, obwohl die Polizei dazu gar nichts gesagt hatte. Die Veranstalter schätzten auf UZ-Anfrage, dass über den Tag verteilt mehr als 2.000 Personen teilnahmen.
Erfolglose Verbotsforderungen
Wie schon im Jahr zuvor forderte der Antisemitismusbeauftragte der hessischen Landesregierung, Uwe Becker (CDU), rund anderthalb Wochen vor dem Event öffentlich, das Fest zu verbieten. Darin wurde er unter anderem von der AfD-Fraktion im hessischen Landtag unterstützt. Die Polizei wiederum stellte, ebenfalls wie schon 2023, den Versammlungscharakter des Fests infrage. Genützt hat es alles nichts: Das Fest konnte stattfinden und verlief, trotz einzelner Provokationen durch Neonazis und Zionisten und unbeeindruckt vom massiven Polizeiaufgebot, störungsfrei. Dass alles friedlich blieb, musste auch die Polizei im Nachhinein eingestehen. Die hatte sich auch mit ihrer Forderung, sämtliche geäußerten Inhalte müssten im Vorhinein von ihr geprüft und genehmigt werden, nicht durchsetzen können.
Stattdessen kontrollierte sie vor Ort alle Transparente, Plakate, Flyer, Sticker et cetera. Zu Anzeigen kam es laut den Organisatoren aber nicht. Und das trotz der wiederholt an diesem Tag angestimmten Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“. Denn Hessen ist nach einer Reihe von Klagen und politischen Auseinandersetzungen aktuell das einzige Bundesland in Deutschland, in dem man diese Parole öffentlich anstimmen kann, ohne dafür angezeigt zu werden. Diese Freiheit hat sich die dortige Palästina-Solidaritätsbewegung erkämpft. Genau wie sie sich – erneut – erfolgreich den Raum für ihr Fest genommen hat.