Der Kommandant des Fliegerhorsts Büchel ist nach Jagel gewechselt – und behindert dort die demokratischen Rechte von Demonstrierenden

Künftig Bannmeile in Jagel

Ralf Cüppers

Armer Kasernenkommandant, was haben wir dir in Büchel bloß angetan? In den letzten neun Jahren fanden am Drohnen- und Tornadostandort Jagel 77 Mahnwachen gegen die Aufrüstung der Bundeswehr, gegen Cyberkrieg, Drohnen und Elektronische Kampfführung statt. Die ersten 75 fanden in friedlicher Koexistenz statt. Die Teilnehmer der Demonstrationen hatten sich an die Auflagen der Ordnungsverwaltung gehalten, angekündigte Blockaden waren zeitlich begrenzt, und die Bundeswehr hatte auf Schikanen verzichtet. Dann trat der ehemalige Kasernenkommandant von Büchel seinen neuen Dienstposten als Kasernenkommandant in Jagel an – und bereits beim Offenen Kriegsatelier am 10. Juni in Jagel gab es andere Vorgaben. Nicht der Zaun zum Standort war die Grenze der Demonstration, sondern 10 Meter davor. Beim Aktionskonzert der Brass-Band Blech und Schwefel am 12. August gab es dann die Auflagen:

„1. Aufgrund der Umwidmung des Geländeabschnitts Liegenschaft NATO Schleswig/Jagel in einen ‚Militärischen Bereich‘ wird die Auflage im Bescheid vom 15.07.2024 dahingehend geändert, dass das Anbringen von Bannern und Transparenten im gesamten Bereich der Liegenschaft NATO Schleswig/Jagel untersagt wird.
2. Ihnen wird eine Versammlungsfläche südlich der Zufahrt zugewiesen.“

Zur Begründung wurde angeführt:

„Der Krieg in der Ukraine und die teils hiermit einhergehende angespannte diplomatische Lage zwischen der EU und der NATO auf der einen Seite und Russland, China und Staaten des Nahen Ostens auf der anderen Seite bedingt ein deutlich erhöhtes Interesse der letztgenannten Seite an den militärischen Anlagen der EU- und NATO-Mitgliedsstaaten. Aus diesem Grund werden dort erhöhte Ausspähaktivitäten verzeichnet. In Bezug auf den Flugplatz Jagel kommt erschwerend das Interesse an den dort stationierten und in Israel gefertigten Drohnen.
Diese erhöhte Sicherheitslage erfordert, dass das Wachpersonal jederzeit das Areal um den Flugplatz herum im Auge behalten kann, damit es bei auffälligen Aktivitäten auch außerhalb des Zauns entsprechende Abwehrmaßnahmen einleiten kann. Zur Sicherstellung der Aufgabenerfüllung und der Möglichkeit (sic) jederzeit die erforderlichen Maßnahmen einleiten zu können, wurde der Bereich des Geländeabschnitts Liegenschaft NATO Schleswig/Jagel in einen ‚Militärischen Bereich‘ umgewidmet.“

Der Herr Major Kasernenkommandant stellte sich den Verantwortlichen der Mahnwache als derjenige vor, der in Büchel auch schon Kasernenkommandant war und jetzt nach Jagel versetzt wurde. Er sei entsetzt gewesen, dass am Karfreitag zum Ostermarsch ein Bühnenaufbau stattfand, der zu einer völligen Blockade des Haupteinganges führte, „und das geht gar nicht“. Deshalb jetzt zehn Meter Abstand vom Zaun – und die Straße müsse frei bleiben. In Büchel habe er jeden, der sich nicht daran hielt, von der Polizei abräumen lassen. Dort seien Löcher in den Zaun geschnitten worden. Es sei jetzt auch das letzte Mal, dass unsere Mahnwache so dicht am Standort stehe. Inzwischen habe er das gesamte Gelände bis hin zur B77 in einen „Militärischen Bereich“ umgewidmet. Die Schilder seien schon bestellt und würden direkt neben dem Radweg der B77 aufgestellt. Dahinter gebe es ein Demonstrationsverbot. Das führt zu einer Bannmeile von etwa 300 Metern von der B77 bis zum Standort. Auf den Einwand, dass künftige Mahnwachen gegen den Bundeswehrstandort dann auf der B77 stattfinden müssten und es dadurch zu Verkehrsbehinderungen käme, meinte er, das müsse doch in unserem Sinne sein, dadurch hätten wir mehr Aufmerksamkeit. Eine Behinderung des zivilen Verkehrs auf der B77 ist jedoch nicht unser Anliegen. Wir wenden uns gegen die Kriegführung der Bundeswehr!

Das mehrstündige Konzert der Brass-Band Blech und Schwefel war stimmungsvoll. Die Teilnehmenden auf und vor der Bühne hatten alle ihren Spaß dabei. Positiv wurde aufgenommen, dass an diesem Tag während des Konzertes kein Flugbetrieb stattfand. Die Musik wurde nicht durch Fluglärm beeinträchtigt, und auch von der anderen Seite des Zaunes konnten Soldaten zuhören.

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