Stellenabbau und Kurzarbeit beim „Jobmotor“

Krise bei Fraport

Die Krise hat die Beschäftigten am Frankfurter Flughafen mit voller Härte getroffen. Viele der knapp 81.000 Beschäftigten der dort ansässigen Unternehmen befinden sich in Kurzarbeit. Mit der Ankündigung der Fraport AG in der vergangenen Woche, 4.000 Stellen abzubauen, hat die Krise am ehemaligen „Jobmotor des Rhein-Main-Gebietes“ einen neuen traurigen Höhepunkt erreicht. Selbst betriebsbedingte Kündigungen werden von der Konzernleitung inzwischen nicht mehr ausgeschlossen. Begründet wird der massive Stellenabbau von Fraport-Chef Stefan Schulte damit, dass die Passagierzahlen nach seiner Einschätzung noch in zwei Jahren 15 bis 20 Prozent unter den bisherigen Höchstwerten liegen werden.

Nach Angaben des Betriebsrats wurden bereits die Arbeitsverhältnisse von etwa 1.000 befristet Beschäftigten beendet. Rund 18.000 der insgesamt 22.000 Fraport-Beschäftigten am Standort befinden sich in Kurzarbeit. Der Betriebsrat und die Gewerkschaften sehen nun das Land Hessen mit 33,3 Prozent und die Stadt Frankfurt mit 20,3 Prozent als größte Anteilseigner in der Pflicht, sich dafür einzusetzen, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Immerhin verfügt das Unternehmen nach eigenen Angaben über knapp 3 Milliarden Euro liquide Mittel und zugesicherte Kreditlinien. Damit ist die Zahlungsfähigkeit der Fraport AG, trotz eines Umsatzrückgangs von 910 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr, zumindest bis Ende 2021 gesichert.

Betriebsrat und Gewerkschaft konnten für die Beschäftigten immerhin eine betriebliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80 bis 95 Prozent des Nettogehalts durchsetzen. Für die Kolleginnen und Kollegen in anderen Unternehmen am Frankfurter Flughafen, den Dienstleistungsbetrieben und Subunternehmen, ist die aktuelle Situation deutlich schwieriger. In der Flugzeugabfertigung, der Reinigung, dem Catering und anderen Bereichen am unteren Ende der kapitalistischen Nahrungskette waren die Arbeitsbedingungen schon vor der Krise häufig prekär. Jetzt in der Krise reicht das Kurzarbeitergeld, wenn es denn gezahlt wird, oft nicht aus, um den Lebensunterhalt zu sichern.

Die Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes ist hier besonders groß. Viele arbeiten mit befristeten Verträgen und in Mini-Jobs und haben dadurch keinen Anspruch auf ein dürftiges Kurzarbeitergeld. Die Krise macht – nicht nur am Frankfurter Flughafen – auf fatale Weise deutlich, dass die Zweiklassengesellschaft auf dem Arbeitsmarkt beendet werden muss. Sachgrundlose Befristungen und Mini-Jobs gehören abgeschafft. Im Gegenzug müssen Mitbestimmung und Tarifbindung ausgeweitet werden. Wenn gewollt, könnte die Politik gerade in der jetzigen Situation hier Druck auf die Unternehmen aufbauen. Denn was, außer der Profitlogik, spricht dagegen, Staatshilfen für Unternehmen an klare Bedingungen, wie Tariftreue und Beschäftigungssicherung zu knüpften? Ein besonders dreistes Beispiel für die aktuelle, gegenteilige Praxis der Auszahlung öffentlicher Gelder an Konzerne hat sich ausgerechnet am Frankfurter Flughafen ereignet. Nachdem die Lufthansa neun Milliarden Euro Staatshilfen erhalten hatte, gab sie wenig später bekannt, 22.000 Stellen, die Hälfte davon in Deutschland, streichen zu wollen.

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"Krise bei Fraport", UZ vom 21. August 2020



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