Wenn man seinen Hund ertränken will, muss man ihn der Tollwut anklagen.
In Sachen Russische Föderation ist mittels diverser und nie belegter Anschuldigungen über Jahre der Boden dafür bereitet worden, dass man heute alles über dieses Land sagen und unbewiesen behaupten kann, was man will. Und je weniger zu belegen ist, umso mehr neue Behauptungen werden inszeniert: Immer klarer wird schließlich, dass der russischen Regierung alles zuzutrauen ist. Die nicht funktionierenden Giftmorde mit anschließender Ausreisegenehmigung für den Vierteltoten ins Regierungskrankenhaus des Gegners, die Entsorgung des vom Westen animierten Angriffskriegs Georgiens gegen russische Einheiten auf dem Konto Russlands, die Darstellung der faktischen Beendigung der westlichen Aggression gegen Syrien als wahlloses Bombardieren von Aleppo, das Schlagwort „Grosny“ ohne Kontext der islamistisch-terroristischen Bedrohungslage oder das Butscha-Fake (das in der Sache aus den Medien verschwunden ist und im Hoffen auf die übliche Vergesslichkeit und Kurzlebigkeit von Meldungen nur noch als „eines der Kriegsverbrechen“ in den Hinterköpfen zu bleiben hat) haben allesamt Anzeichen der Tollwut des Hundes zu sein. Dann ist egal, mit welch treuen Augen er kerngesund um Gnade winselt: Die Wanne ist voll, die Handschuhe sind übergestreift, Atteste des Tierarztes sind Fakes.
Wer einfach behaupten darf und nie um Beweise bemüht sein muss, weil – frei nach Hegel – die (mediale) Realität ohne Wirklichkeit auskommt, der hat auch die Definitionshoheit über die russischen Kriegsziele in der Ukraine. Dazu muss man nicht lesen, was Präsident Wladimir Putin am 24. Februar dazu gesagt hat: „Schutz der Menschen vor einem Genozid des Kiewer Regimes, Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Unterstützung der Volksrepubliken, Verteidigung der Krim“. Von einer Unterwerfung der Ukraine war nicht die Rede.
Das passt so gar nicht zu dem, was hierzulande als russische Kriegsziele zu gelten hat. Anders als im Kreml wusste man in deutschen Medien nämlich schon am 27. Februar, dass Russlands Armee nicht so recht vorankommt, weil nach drei Tagen Kiew noch nicht gefallen war. Der Rückzug der Panzerkolonnen aus der Umgebung Kiews ein paar Wochen später war die nächste Pleite Russlands – und nicht etwa die selbst für Laien einfach nachvollziehbare Finte, große Teile der ukrainischen Armee in der Hauptstadt zu binden, um dann deren Reste im Osten einfacher umzingeln zu können. Kleinere Erfolgsmeldungen der ukrainischen Armee verfolgen nur den Zweck der Verlängerung eines ohne direktes Eingreifen der NATO längst verlorenen Krieges.
NATO-Verbände haben vom 24. März bis zum 10. Juni 1999 in 78 Tagen nach eigenen Angaben 28.000 Sprengkörper auf Serbien abgeworfen, dessen Territorium kaum ein Sechstel der Größe der Ukraine umfasst. Serbien war nicht über Jahre massiv hochgerüstet worden; und da es nicht zum Bodenkrieg kam, musste die NATO auch nicht gegen Millionen in Volkssturm-Manier agierende 16- bis 60-Jährige kämpfen oder sich gegen mit Artilleriegeschützen in Wohnblöcken verschanzte Nationalisten und Faschisten durchzusetzen versuchen, die wie in Mariupol die eigene Bevölkerung als Geisel nehmen.
Die 78 Tage sind im Falle des Eingreifens von Russlands Armeen in der Ukraine am 13. Mai erreicht. Dann wird das nächste von westlichen Medien gesteckte russische Kriegsziel verpasst sein – der Tag, an dem Selenskis Kopf auf dem Roten Platz präsentiert werden sollte, war dem Kreml natürlich für den 9. Mai diktiert worden.