In Vorbereitung auf das G7-Treffen in Hiroshima vom 19. bis 21. Mai findet derzeit auf G7-Ministerebene eine Reihe von Fachtagungen statt – so beispielsweise am 12. April ein Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs unter dem Vorsitz von US-Finanzministerin Janet Yellen im Gebäude des Internationalen Währungsfonds und vom 16. bis 18. April ein Treffen der G7-Außenminister im japanischen Karuizawa. Der gastgebende japanische Außenminister Yoshimasa Hayashi gab denn auch gleich die Marschrichtung auf die „Herausforderungen in der Indo-Pazifik-Region“ durch „China und Nordkorea“ vor. Um dem zu begegnen, sei die „Einheit der G7“ „extrem wichtig“.
Das G7-Außenministertreffen sorgt für so etwas wie die propagandistische Ausgestaltung der westlichen Narrative. Die strategischen Entscheidungen für den hybriden Krieg gegen China sind von Washington längst getroffen und nun soll es so aussehen, als sei das Ganze eine gemeinsame Entscheidung der G7. Dagegen soll sich das Finanzministertreffen um die Finanzierung zweier Großkonflikte – des laufenden in der Ukraine und des kommenden gegen China – sowie ihre sozialökonomischen Konsequenzen kümmern. Und da sieht es nicht gerade rosig aus. Natürlich kann die Federal Reserve Geld ohne Ende drucken und in die Ukraine und demnächst auch nach Taiwan schicken, ebenso wie die EZB, die Bank of England oder die Bank of Japan. Aber, wie sich nun in der Ukraine zeigt, nur mit Geld gewinnt man keine Kriege und macht auch keine Menschen satt. Dazu braucht man eine funktionierende Realwirtschaft, fähige staatliche Strukturen, eine produktive Industrie, eine funktionierende Infrastruktur und hinreichende Löhne und Gehälter. Davon ist der „Kollektive Westen“ nach Jahrzehnten der neoliberalen Selbstruinierung weit entfernt.
Die Corona-Maßnahmen, der Sanktionsblitzkrieg gegen Russland, die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines haben die energetisch-industrielle Basis Westeuropas nachhaltig geschädigt. Produktions- und Versorgungsketten sind zerrissen, Fossilenergie muss zu einem vielfach höheren Preis eingekauft werden, Inflation und Reallohnverlust sorgen für geringere Kaufkraft, der Wohnraummangel ist pandemisch geworden, Mieten schießen durch die Decke. Die heraufziehende Bankenkrise ist das Menetekel an der Wand. Die Antwort der Finanzminister und Notenbankchefs lautet stereotyp: Mehr Geld drucken. Mehr Geld für die Milliardäre, wohlgemerkt.
Von all dem ist im „Statement der G7-Finanzminister und Zentralbank-Gouverneure“ natürlich keine Rede. Schuld an allem ist selbstredend Russlands „illegaler, unverantwortlicher und unprovozierter“ „Aggressionskrieg gegen die Ukraine“ und man findet sich toll, weil man so viel Geld in die Ukraine gepumpt, sprich, dafür gesorgt hat, dass das große Schlachten nicht aufhört. Ein ähnliches Narrativ dürften sich die G7-Außenminister, wenn es soweit ist, auch für die Volksrepublik einfallen lassen. Und man ist – wer hätte anderes erwartet – stolz auf seine „Sanktionen und ökonomischen Maßnahmen gegen Russland“.
Corona und Ukraine-Krieg hätten aber die Bedeutung „ökonomischer Resilienz“ (Widerstandsfähigkeit) in den Fokus gerückt. Anders gesagt: die G7 können nicht mit Sanktionen um sich werfen, ohne Gefahr zu laufen, sich selbst ins Knie zu schießen – nicht gegen eine Rohstoffgroßmacht wie Russland und erst recht nicht gegen eine industrielle Supermacht wie China. Ein unhaltbarer Zustand in den Augen der G7. Daher gelte es, die „Widerstandsfähigkeit der Versorgungsketten“ zu steigern. Hier heißen die Zauberworte „Diversifizierung“ und „Dekarbonisierung“. Die Selbstabsprengung von der preiswerten russischen Energieversorgung soll durch Klimaschutz, Entwicklungshilfe und Investitionen in Technologie und „Humankapital“ geadelt werden.
Die G7 bewegen sich noch im alten Propagandamodus. Dabei ist durch die „Pentagon Leaks“ nun auch aktenkundig geworden, was jeder Informierte ohnehin längst weiß: Es gibt keinen Siegfrieden der Ukraine – es ist alles eine gigantische Propagandalüge. Der nächste Schritt von USA und NATO wäre die Entsendung eigener Truppen. Aber auch dann verfügt Russland über Eskalationsdominanz. Der Zusammenbruch der Ukraine ist so oder so nur eine Frage der Zeit. Aber was bedeutet das für die Ukraine und für Taiwan? Die G7 haben auf diese für sie reichlich düstere Perspektive ganz offensichtlich keine Antwort.