Die deutsche Luftwaffe beteiligt sich am größten Luftwaffenmanöver Australiens und unternimmt einen ersten Abstecher nach Neuseeland. Beide Staaten sind wichtige Verbündete im auch militärischen Machtkampf gegen China

Kriegsübungen Down Under

Mit der Beteiligung an einem Großmanöver in Australien sowie dem laut Eigenangaben ersten Kurzbesuch eines deutschen Militärflugzeugs in Neuseeland setzt die Luftwaffe ihre diesjährige Asien-Pazifik-Reise fort. In Australien trainieren fünf deutsche Eurofighter und zwei Tankflugzeuge den Luftkrieg gegen ein fiktives Land, das den Namen Malus (lateinisch für „schlecht“) trägt und vor allem russische Kampfjets besitzt. Manöverschauplatz ist der äußerste Norden Australiens, der für die US-Streitkräfte als rückwärtige Operationsbasis in einem etwaigen Krieg gegen China gilt. Hat die Bundeswehr in den vergangenen Jahren bereits Erfahrung mit Kriegsübungen in Australien gesammelt, das ein bedeutender Verbündeter der USA im Machtkampf gegen die Volksrepublik ist, so tastet sie sich sich jetzt in Richtung Neuseeland vor. Das Land hat lange Zeit einen etwas eigenständigeren Kurs gesteuert – unter anderem, indem es sich zur Nuklearfreiheit bekennt und atomgetriebene U-Boote aus seinen Hoheitsgewässern fernhält. Unter seiner derzeitigen Regierung, die als seine rechteste seit Jahrzehnten gilt, bezieht es allerdings immer offener auf der Seite der USA Position.

Pitch Black

Das Luftwaffenmanöver „Pitch Black“ wird von den Streitkräften Australiens schon seit den 1980er Jahren abgehalten. Zunächst gemeinsam mit der US-Luftwaffe durchgeführt,wird es seit den 1990er Jahren systematisch um Einheiten aus anderen Staaten erweitert und ist längst zur bedeutendsten Luftwaffenübung des Landes geworden. Das diesjährige Manöver ist das bislang größte der Serie. Beteiligt sind ungefähr 4.500 Soldaten aus insgesamt 20 Ländern mit 140 Flugzeugen. Die deutsche Luftwaffe, die zum zweiten Mal seit 2022 zugegen ist, hat fünf Eurofighter sowie zwei Tankflugzeuge vom Typ A330 MRTT entsandt. Vor allem nehmen Staaten teil, die sich im großen Machtkampf gegen China auf der Seite der USA positionieren – darunter neben einigen Staaten Europas wie Britannien, Frankreich und Spanien auch Japan, Indien und die Philippinen. Hinzu kommen mehrere Staaten, die der Westen gegen die Volksrepublik in Stellung zu bringen sucht, etwa Papua-Neuguinea und Fidschi. Für die deutsche Luftwaffe ist das Manöver eine von insgesamt fünf Übungen, die sie im Rahmen einer zweimonatigen weltumspannenden Manöverreise durchführt. Bereits absolviert hat sie Übungen in Alaska und Japan. Aktuell üben deutsche Kampfjets auf Hawaii, und es folgen weitere Trainingsmaßnahmen in Indien.

Gegen Russland, gegen China

Das Manöverszenario sieht einen Kampfeinsatz eines US-geführten Kriegsbündnisses gegen einen fiktiven Staat Malus vor. Malus streitet sich mit einem Staat namens Amica (lateinisch für „Freundin“) um ein äußerst rohstoffreiches Gebiet, das als „Autonome Region Amica“ bezeichnet wird und dessen Bewohner sich überwiegend mit Amica identifizieren. Malus ist nun in die Autonome Region einmarschiert und hält sie besetzt. Die Vereinigten Staaten bereiten einen Militäreinsatz vor, um die Truppen von Malus zu verjagen. Die Bewaffnung, über die Malus’ Streitkräfte in dem Manöverszenario verfügen, gibt einen Hinweis auf den Kriegsgegner, auf den „Pitch Black“ vorbereitet: Malus’ Streitkräfte besitzen vor allem russische Waffen, darunter Kampfjets der Typen MiG-29, Su-35 und Tu-160. Einen weiteren Hinweis kann man dem Manöverschauplatz entnehmen. „Pitch Black“ findet vor allem im äußersten Norden Australiens statt; genutzt werden die Luftwaffenstützpunkte Darwin und Tindal. Diese haben in den US-Planungen für einen möglichen Krieg gegen China eine zentrale Bedeutung als rückwärtige Operationsbasen, von denen aus zum Beispiel Langstreckenbomber – auch atomwaffenfähige – mit Kurs auf die Volksrepublik starten können.

Abstecher nach Neuseeland

Während „Pitch Black“ noch bis Ende dieser Woche andauert, hat die Luftwaffe zum ersten Mal einen Abstecher nach Neuseeland unternommen. Entsandt hat sie ein Transportflugzeug A400M, das auf der Manöverreise der Luftwaffe für den Transport von Material und Personal benötigt wird, an „Pitch Black“ selbst aber nicht teilnimmt und während der Übung auf der Luftwaffenbasis Amberley an der australischen Ostküste stationiert ist. Der kurze Abstecher nach Neuseeland soll, wie die Bundeswehr angibt, „die militärischen Beziehungen“ zu einem „strategischen Partner“ in der Asien-Pazifik-Region ein wenig stärken. Der Schritt erfolgt, nachdem die Bundesregierung die militärischen Beziehungen zu Australien in den vergangenen drei Jahren systematisch intensiviert hat. Auf erste gemeinsame Kriegsübungen, die die Fregatte Bayern auf ihrer Asien-Pazifik-Fahrt von August 2021 bis Februar 2022 gemeinsam mit der australischen Marine durchführte, folgte bereits 2022 die erste Teilnahme der deutschen Luftwaffe an „Pitch Black“ und im vergangenen Jahr darüber hinaus eine erste Teilnahme von Einheiten des Deutschen Heeres an zwei Großmanövern in Australien. Die deutsche A400M hielt sich in der vergangenen Woche allerdings nur zu einem Kurzbesuch und nicht zu Übungen in Neuseeland auf.

Nuklearfreiheit

Neuseeland ist gerade dabei, seine Außen- und Militärpolitik umzugestalten. Es kooperiert seit je sehr eng mit Australien und gehört zudem dem Geheimdienstbündnis „Five Eyes“ an, in dem es mit den USA, Kanada, Britannien und Australien zusammengeschlossen ist. Es hat sich zudem 1951 mit den USA und Australien zum ANZUS-Pakt zusammengetan; das Kürzel ergibt sich aus den Ländernamen: Australia, New Zealand, United States. Einen Bruch gab es allerdings in den 1980er Jahren. 1984 beschloss die Regierung in Wellington, keine atomgetriebenen oder sogar atomar bewaffneten Schiffe in seinen Häfen und Territorialgewässern zu dulden. Atomgetriebene U-Boote der U.S. Navy durften seitdem nicht mehr in Neuseeland anlanden. Washington reagierte, indem es 1986 seine Verpflichtungen gegenüber Neuseeland aus dem ANZUS-Pakt suspendierte. Während Australien insbesondere unter Premierminister Scott Morrison (2018 bis 2022) sich außergewöhnlich eng an die Vereinigten Staaten band und einen hart antichinesischen Kurs steuerte, hielt sich Neuseeland vergleichsweise zurück. So beteiligte es sich zum Beispiel nicht am AUKUS-Pakt, den 2021 die USA, Britannien und Australien schlossen und der nicht zuletzt den gemeinsamen Bau atomgetriebener U-Boote vorsieht.

Annäherung an AUKUS

Positionierte sich im vergangenen Jahr dann aber bereits die zunächst noch amtierende Labour-Regierung immer deutlicher auf Seiten der USA gegen China, so beschleunigte die im November ins Amt gelangte Regierung unter Premierminister Christopher Luxon, die als die rechteste Regierung Neuseelands seit Jahrzehnten gilt, den Prozess. Sie kooperiert enger und offener mit der NATO als die Vorgängerregierungen, und sie orientiert recht offen auf eine Beteiligung am AUKUS-Pakt, allerdings wegen der 1987 umfassend proklamierten Nuklearfreiheit des Landes nicht an dessen nuklearer Komponente, zu der Entwicklung und Bau atomgetriebener U-Boote gehören. Möglich wäre die Beteiligung an der sogenannten zweiten Säule des AUKUS-Pakts, die die gemeinsame Entwicklung von Hyperschallwaffen und die Vorbereitung von Cyberkriegsoperationen umfasst, nicht zuletzt auch Arbeiten zur militärischen Nutzung von Künstlicher Intelligenz. Außenministerin Annalena Baerbock äußerte sich bei ihrem Besuch in Wellington Anfang Mai klar positiv zu einer möglichen Anbindung Neuseelands an den AUKUS-Pakt. Ob sie mit ihrem Amtskollegen Winston Peters von der ultrarechten Partei New Zealand First sowie mit Verteidigungsministerin Judith Collins auch über den Abstecher der A400M nach Neuseeland sprach, ist unbekannt.

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