Deutschland hat der NATO für das laufende Jahr Kriegsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bedankte sich am Montag für die „Rekordsumme“. Die BRD erfüllt damit erstmalig das 2014 vereinbarte Rüstungsdiktat von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Sinn wird längst nicht mehr in Frage gestellt. Monoton erklärt der Nachrichtensprecher: Das ist die Reaktion der „Alliierten“ auf Russlands Einmarsch in die Ukraine.
Zeitgleich werden Studierende in diesem Land mit einer Mini-Erhöhung des BAföG abgespeist. Bedürftige bekommen eine Starthilfe von 1.000 Euro. Das gerade eingeführte Bürgergeld für Erwerbslose soll wieder abgeschafft, Sanktionen gegen „Verweigerer“ verschärft werden. Die Stoßrichtung ist klar: Alles für den Krieg gegen Russland, nichts für die Menschen in diesem Land. Sie sollen den Wahnsinn zahlen.
Nicht nur jede Menge Geld wird im NATO-Krieg gegen Russland verpulvert, sondern auch jede Menge Leben. Der Ukraine geht das Kanonenfutter aus. Die letzten Männer werden aus ihren Wohnungen gezerrt. Wer sich dem Krieg durch Ausreise entzogen hat, soll gefälligst zurück an die Front. Flüchtlinge aus der Ukraine bekommen in diesem Land Bürgergeld anstelle der noch geringeren Zahlungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das Willkommensgeld und die Bevorzugung gegenüber Geflüchteten aus anderen Ländern waren gewollte Spaltung. Sie hat gewirkt und nun ausgedient.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) erklärte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Es passt nicht zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen, und im gleichen Atemzug fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren.“ Sein bayerischer Kollege Joachim Herrmann (CSU) zog nach: „Mehrere zehntausend Männer, die der Wehrpflicht in der Ukraine unterliegen, bekommen hier in Deutschland Bürgergeld.“ Das sei auch der deutschen Bevölkerung nicht mehr lange vermittelbar. FAZ-Kommentator Reinhard Müller spannt den Bogen zur Mobilisierung an der Heimatfront: Deutschland „kann nicht über eine Dienstpflicht diskutieren und selbst Wehrstraftaten begünstigen“.
Tatsächlich wird der Kampf „bis zum letzten Ukrainer“ nicht zum Ziel führen. Aber weil der Krieg gegen Russland nicht verloren werden darf, wird über die Entsendung von NATO-Truppen diskutiert. FDP-Scharfmacherin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert die Aktivierung von 900.000 Reservisten in Deutschland. Kriegsminister Boris Pistorius sucht den Weg zur Wehrpflicht über die Zwangserfassung junger Männer. 18-Jährige sollen verdonnert werden, sich per Fragebogen einer Musterung zu unterziehen. Auch Frauen dürfen Auskunft über ihre Kriegstüchtigkeit geben. Damit man auch sie komplett erfassen kann, wird über die nächste Grundgesetzänderung nachgedacht.
Die Debatte um die Wehrpflicht und die aggressive Bundeswehrwerbung zur Rekrutierung von Kanonenfutter hat einen sehr realen Hintergrund. Bundeswehr-Brigadegeneral Jürgen Karl Uchtmann beschreibt ihn im Interview mit der „Berliner Zeitung“ am 10. Juni so: „Unterm Strich bedeutet Verteidigungsbereitschaft, in der Lage und willens zu sein, die Waffe in die Hand zu nehmen und loszuziehen in die Räume, die für die Verteidigung, entweder im Baltikum oder an der Südostflanke, vorgesehen sind, und dort die Bündnisverteidigung aufzunehmen. Das ist Krieg.“
Das ist nicht unser Krieg. Er kann beendet werden – über Verhandlungen, die diesen Namen verdienen. Dafür müssen sich alle stark machen, die kein Kanonenfutter sein wollen, die ihre Kinder nicht hergeben wollen. Die wollen, dass die zig Milliarden statt für Rüstung für Bildung, Soziales und Gesundheit eingesetzt werden.