Referat von Patrik Köbele auf der 4. Parteivorstandstagung

Kriegstreiber stoppen!

Am vergangenen Wochenende tagte der Parteivorstand der DKP in Leverkusen. Im Mittelpunkt der Tagung standen die wachsende Mobilmachung der NATO gegen Russland und die Frage, wie sich Widerstand gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung mobilisieren lässt. In diesem Zusammenhang startete die DKP eine Onlinepetition „Barbock muss weg“: kurzelinks.de/Baerbock-muss-weg

Darüber hinaus prüft die DKP juristische Schritte gegen die grüne Außenminister und ihre Kriegserklärung gegen Russland. Der Parteivorstand der DKP bereitete außerdem weiter den 25. Parteitag der DKP vor, der im März in Gotha stattfinden wird. Wir veröffentlichen im Folgenden Auszüge aus dem Referat von Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP:

Ich stimme Rolf Mützenich, dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag, völlig zu, wenn er sagt: „Frau Strack-Zimmermann und andere reden uns in eine militärische Auseinandersetzung hinein. Dieselben, die heute Alleingänge mit schweren Kampfpanzern fordern, werden morgen nach Flugzeugen oder Truppen schreien.“ Danach werden Sie vermutlich nach einer Flugverbotszone schreien und spätestens dann herrscht Krieg in ganz Europa. Was wir erleben steuert immer mehr darauf zu – davor nur zu warnen, wäre schon zu harmlos.

Das Strickmuster ist relativ klar, scheinbare Grenzen werden immer mehr verschoben. Die amerikanisch-europäische Tageszeitung „Politico“ zitiert einen nicht-genannten Diplomaten: „Es gibt eine rote Linie, aber letzten Sommer hatten wir eine rote Linie hinsichtlich der HIMARS (-Raketenwerfer), und sie hat sich verändert. Dann waren es die Kampfpanzer und es hat sich verändert.“ Die britische Zeitung „Telegraph“ zitiert Michael Podoljak, einen Berater des ukrainischen Präsidialamts: „Im Moment erleben wir einen starken Stimmungswandel bei den politischen Eliten der europäischen Länder, die verstehen, dass die gesamte Ausrüstung, einschließlich der gepanzerten Fahrzeuge, übergeben werden muss. Und wir werden, da bin ich mir sicher, ohne jeden Zweifel eine Einigung über Langstreckenraketen erzielen.“

Die schlimmsten Kriegstreiber sitzen bei den Grünen, der FDP und der CDU. Das betrifft die parlamentarisch-politische Seite. Genauso schlimm oder schlimmer sind aber die Redaktionen der sogenannten Leitmedien.

Frau Baerbock erklärt im Europarat „We are fighting a war against Russia“, Kampfpanzer werden nun geliefert – ukrainische Soldaten schon lange ausgebildet – Ramstein ist das wiederkehrende Entscheidungszentrum der NATO. Wer will da wem noch erklären, dass Deutschland keine Kriegspartei ist? Und dann, als wenn der Wahnsinn noch nicht reichen würde, provoziert Strack-Zimmermann noch in Taiwan und spricht von den Soldaten der Bundeswehr, „die am langen Ende für uns in den Krieg, in die Schlacht ziehen müssen, um unsere Freiheit zu verteidigen und das mit ihrem Leben.“

Was die SPD betrifft, so gibt es wohl einige wenige Realisten, wie Mützenich. Aber schlimm, sie lassen sich in jede weitere Verschärfung, die uns wieder näher an einen Krieg auch in „unserem“ Land heranführt, einbinden. Hoffnungen, dass das Zögern von Scholz etwas damit zu tun gehabt hätte, dass er bei der Kriegsbeteiligung des deutschen Imperialismus tatsächlich zurückhaltender wäre, halte ich für illusionär. Sein Insistieren auf die Gemeinsamkeit mit den USA und der NATO scheinen mir eher ein Ausdruck des Austarierens der Konkurrenzinteressen der verschiedenen Rüstungsmonopole zu sein.

Die Linkspartei protestiert, aber halbherzig, hat sie doch genügend Befürworter von Waffenlieferungen in den eigenen Reihen. Wirkliche Bewegung, die in der Lage wäre, denen, die den Krieg in aller Öffentlichkeit vorbereiten, die Hände zu zerschlagen (Bert Brecht), entsteht so nicht. Es wäre gut, aber viel Grund für Hoffnung gibt es nicht, wenn der Aufruf „Linke gegen Krieg und Kriegsbeteiligung“ diese Entwicklung stoppen oder gar zurückzudrehen könnte.

Konsequent in ihren Positionen bleiben Sarah Wagenknecht und ihr Umfeld – sie sind aber wohl nicht in der Lage, solch eine Bewegung zu initiieren.

Konsequent in den Positionen sind wir. Wir sind aber ebenso nicht in der Lage solch eine Bewegung zu initiieren.

Ansätze sind Strukturen der traditionellen Friedensbewegung, wie der Kasseler Ratschlag. Andere Teile der Friedensbewegung kommen nicht richtig in Bewegung, weil sie sich darüber streiten, ob nicht doch vor allem Russland schuld ist, anstatt darüber zu beraten, wie man der NATO und ihrer Gefolgschaft die Kriegstreiberhände zerschlagen kann.

Ein Hauptproblem und damit eine Hauptaufgabe es zu verändern, ich betone es immer wieder, ist die weitgehende Integration der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den NATO- und deutschen Großmachtkurs der Herrschenden.

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Dramatik der Lage wird auch dadurch gekennzeichnet, dass bei den wenigen Stimmen der Vernunft ein recht hoher Anteil aus dem Bereich ehemaliger Militärs oder ehemaliger Sicherheitsleute kommt. Ich nenne als Beispiel den General a. D. Harald Kujat und den ehemaligen Berater von Angela Merkel den Brigadegeneral a. D. Erich Vad. Ich hätte ehrlich gesagt nie geglaubt und vermutlich jeden, der mir das vorausgesagt hätte, für verrückt erklärt, dass ich mich auf Ex-Generäle der Bundeswehr berufe. Ich fürchte das belegt nur die Gefahr, dass diese Bundesregierung, zusammen mit der CDU und den meisten Medien, den Krieg nach Deutschland holt.

Man muss nicht alles teilen, was Albrecht Müller von den „Nachdenkseiten“ in folgendem Zitat sagt: „Was wir uns heute an Feindseligkeit gegenüber anderen Völkern, an Gleichschaltung und an Agitation gefallen lassen und dem folgen, ist so schlimm wie die Agitation der Nazis. Es kommt auf feinere Weise daher, verkündet von harmlos aussehenden Akteuren wie Annalena Baerbock und eben nicht in SS-Uniform. Aber es ist das gleiche. Die gleiche Verführung der Menschen mit den Trick, ihnen einen Feind zu bieten. Und alle zusammen gegen diesen Feind aufzustehen. Heute das gleiche wie bei meinen Eltern zu Zeiten meiner Geburt im Jahre 1938.“ Man muss wie gesagt nicht alles teilen, was Albrecht Müller hier formuliert, aber die Gefahr, die er damit signalisiert, die müssen wir sehr ernst nehmen.

Wir werden uns auf unserem 25. Parteitag intensiver damit befassen, was sich im Imperialismus getan hat, aber auch welcher Kräfteverschiebungen es im Monopolkapital Deutschlands gegeben hat. Mit Sicherheit steht die sogenannte Zeitenwende für einen großen Bedeutungsgewinn des militärisch-industriellen Komplex, also der Verschmelzung der Macht und Interessen des Rüstungskapitals mit denen der Militärhierarchie und der Staatsbürokratie zu einem festgefügten Machtkomplex. Personell steht dafür Strack-Zimmermann, die nicht von ungefähr aus Düsseldorf, dem Firmensitz von Rheinmetall kommt. In der aktuellen Situation des staatsmonopolistischen Systems ist der militärisch-industrielle Komplex offensichtlich wieder zum Kern geworden.

Trotzdem haben die Herrschenden noch immer Probleme mit dem Massenbewusstsein. Ich weiß nicht, wie es euch geht. Ich selbst bewege mich in sehr unterschiedlichen Umfeldern – erlebe aber in einem fort, dass Bemerkungen gegen die Kriegstreiberei, den Wirtschaftskrieg eigentlich immer auf Zustimmung stoßen. Die Medien vermitteln uns, dass Frau Baerbock die beliebteste Politikerin sei, ich dagegen finde eigentlich niemanden, der zugeben will, dass er die Grünen gewählt hat. Man hat den Eindruck, als rumore es unter einer glatten Oberfläche – aber das Rumoren wird eben nicht zu Bewegung. Auch nicht, obwohl wir drastisch für diese Kriegspolitik und für die Krise zur Kasse gebeten werden.

Die sogenannten Entlastungspakete werden so gestrickt, dass sie Betroffenheit etwas lindern, aber vor allem das Spüren der Auswirkungen möglichst zeitlich auseinanderziehen. Der Besitzer einer Wohnung spürt den Gaspreis dann, wenn der Versorger aufgrund der Vertragssituation erhöhen darf – freut sich im Dezember keinen Abschlag zahlen zu müssen, während die Mieterin, der Mieter ggf. in Ohnmacht fällt, wenn er seine Endabrechnung bekommt. In diesem Zusammenhang: Ist Euch aufgefallen, wie wenig über den großen Streik in Großbritannien und über den beginnenden Kampf der Franzosen gegen die Rentenpläne von Macron berichtet wird? Trostpflaster, Bestechung, zeitliche Verschiebung – das ist die eine Seite der Spaltungspolitik der Herrschenden.

Die andere Seite ist die Repression – hier wurden die Waffen der Herrschenden perfektioniert. Wie zu erwarten war, kommt der Paragraph 140 StGB, also die Belohnung und Billigung von Straftaten, zum Einsatz um Gegnerinnen und Gegner von NATO, Hochrüstung und Waffenlieferungen mundtot zu machen. Wer die Vorgeschichte des russischen Angriffs erwähnt, der billigt eine Straftat. Wir erklären unsere Solidarität mit allen Betroffenen, wir nennen als Beispiel Heinrich Bücker in Berlin.

Liebe Genossinnen und Genossen,

das Luxemburg-Liebknecht-Wochenende war ein großer Erfolg, ein Erfolg für die junge Welt, die radikale Linke und ein Erfolg für uns. (…) Das merkt man übrigens auch an der Reaktion unserer Gegner. Auch Presseorgane, die früher als links galten oder sich heute noch so bezeichnen, konnten sich kleine Gehässigkeiten uns gegenüber nicht verkneifen – ein gutes Zeichen. Zunehmend problematisch wird die Rolle der MLPD. Ähnlich, wie in den 80iger Jahren des vorigen Jahrhunderts spielt sie eine Rolle der Äquidistanz – die objektiv die NATO und den deutschen Imperialismus aus dem Schussfeld nimmt – ähnlich, wie damals nimmt ihre Aggressivität uns gegenüber zu. (…)

Liebe Genossinnen und Genossen,

in der Tat ist die Analyse der Entwicklungen im Imperialismus insgesamt, aber auch der Entwicklungen im deutschen Imperialismus für die Entwicklung von Strategie und Taktik, für die Entwicklung der richtigen Kampflosungen entscheidend. Deswegen haben wir in der Konzeption des 25. Parteitags beschlossen, dass wir uns beim Parteitag auch diesem Thema widmen wollen. Euch liegt heute die Gliederung des Referats vor, in dem dieses Thema eine zentrale Rolle spielen soll. Wie bereits im Rahmen unserer LLL-Veranstaltung in Berlin angedeutet, wollen wir uns ebenfalls der Frage der Charakterisierung der Epoche, in der wir leben, widmen.

Ist das abwegig in einer Zeit, in der droht, das dieses Land im Krieg versinkt, in einer Zeit, in der die NATO einen Krieg gegen die Russische Föderation führt und gegen China zielt, in einer Zeit, in der auch deutsche Politiker, wie die mensch-gewordene Rüstungsaktie Frau Strack-Zimmermann in Taiwan provozieren? Ich glaube nicht, weil die jetzige Etappe von der Frage gekennzeichnet ist, ob der Imperialismus, wie er sich im Wesentlichen mittels der NATO materialisiert, seine Hegemonie verliert oder nicht. Das wäre eine erhebliche Veränderung des globalen Kräfteverhältnisses, die, bei allen Gefahren auch Spielräume für antiimperialistische Kräfte eröffnen würde.

Die Diskussion dazu haben wir beim Parteitag für den Freitag vorgesehen. Am Samstag wollen wir uns vor allem dem Erfahrungsaustausch und den Anträgen zu „Wirken in der Klasse“ und zur Mitgliedsbuchneuausgabe widmen. Für den Erfahrungsaustausch schlagen wir nun drei Blöcke vor – zur Betriebs- und Gewerkschaftspolitik, zur Kommunalpolitik und zur Frage des Friedenskampfs und der Bündnispolitik. Hier bitten wir um möglichst kollektiv in den Gruppen erarbeitete Diskussionsbeiträge. Hinsichtlich des Antrags „Heizung, Brot, Frieden – Wirken in der Klasse“ wird aus der Partei zurückgemeldet, dass er eine gute Grundlage ist, aber in Teilen zu unkonkret sei. Wir hoffen darauf, dass die Änderungsanträge den Antrag qualifizieren. Dieser Antrag und der Antrag zur Mitgliedsbuchneuausgabe werden, im Falle ihrer Beschlussfassung, erfordern, dass alle Gruppen und alle Leitungen sich entsprechende Arbeitspläne geben bzw. die vorhandenen überarbeiten. Dieser Prozess sollte bereits heute vorbereitet werden. Diesem Prozess dient auch die Konzeption zur Mitgliedsbuchneuausgabe, die wir Euch bei dieser PV-Tagung zur Beschlussfassung vorlegen.

Die Diskussion zum Chinaantrag schlagen wir für den Sonntag des Parteitags vor. Die Diskussionstribüne in der UZ hat sich jetzt recht gut entwickelt – wir hatten Euch auch frühzeitig den Diskussionsbeitrag von 27 Genossinnen und Genossen und die Stellungnahme des Sekretariats des Parteivorstands dazu zur Verfügung gestellt. Die Debatte bei den Bezirkskonferenzen war sehr unterschiedlich.

Es liegt eine Vielzahl von Anträgen vor, darunter auch einige, die für Nichtbefassung oder Nichtbeschlussfassung plädieren. Die Antragskommission schlägt hier ein ähnliches Verfahren vor, wie es sich durchaus in den vergangenen Jahren bewährt hat. Sie schlägt vor, nach einer Generaldebatte einen Grundsatzbeschluss über die Behandlung zu fällen. Mit diesem Beschluss soll auch deutlich gemacht werden, dass es sich keinesfalls um das Ende der Debatte handelt. Die Antragskommission schlägt dafür mehrheitlich folgende Formulierung vor: „Der Parteitag befasst sich mit der Einschätzung der VR China und beschließt einen Zwischenstand der Debatte. Der neue Parteivorstand wird beauftragt, eine Konzeption zur weiteren Organisation der Diskussion zu entwickeln und umzusetzen.“ (…)

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Vorbereitung unseres Parteitags ist kein interner Prozess. Dieses Land leidet nach wie vor darunter, dass sich noch keine breite Bewegung gegen den Kriegskurs nach innen und außen gebildet hat. Es nützt auch nichts sehnsüchtig nach Großbritannien und Frankreich zu sehen.

Nüchtern bilanziert – einen heißen Herbst gab es nicht und mancher Ansatz ist eher wieder eingeschlafen. Nach wie vor ist das Hauptproblem die weitgehende Einbindung der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den Kurs der Herrschenden. Das gilt für den Kriegskurs, das gilt für die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten, das gilt im Wesentlichen auch für den sozialen Kampf.

Es gibt Ausnahmen. Eine ist der Tarifkampf bei der Post, bei dem auch durch die völlig berechtigte und notwendige Forderung nach 15 Prozent deutlich wird, dass die Postbeschäftigten nicht länger bereit sind zu bluten. Ihr Kampf erfordert Solidarität und erfordert breite Aufklärung darüber, dass diese Forderung berechtigt ist. Dank der Hilfe eines Genossen konnten wir hier sehr schnell mit einer Soli-Erklärung reagieren – sie sollte vor Ort genutzt werden um den Streikenden unsere Solidarität auszudrücken, aber eben auch um in den Wohngebieten Solidarität zu organisieren. Das Plakat in der aktuellen UZ ist ebenfalls sehr gelungen – auch das lässt sich wunderbar nutzen, um den Streikenden unsere Solidarität zu überbringen.

Auch bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes läuft die Tarifrunde und trotz einer völlig moderaten Forderung blockiert die Unternehmerseite. Wichtig an der Forderung ist der Sockelbetrag von 500 Euro. Er würde zumindest die unteren Lohngruppen, die von der derzeitigen Verarmung am meisten betroffen sind, etwas besser stellen. Wir können sicher sein, dass die Kapitalseite massiv versuchen wird das zu unterlaufen. Auch hier müssen wir Solidarität organisieren.

Wenn wir zur Unterstützung dieser Tarifkämpfe als Partei auftreten, müssen wir immer den Zusammenhang zum Kriegskurs herstellen. Im öffentlichen Dienst liegt er ganz klar auf der Hand – aber auch überall sonst ist die Inflation, die uns arm macht, auch ein Ergebnis von Hochrüstung, Kriegspolitik und Waffenlieferungen.

Und – wir bereiten die Ostermärsche vor. Inhaltlich sicher mancher Orts nicht einfach, weil auch Teile der Friedensbewegung dazu neigen, manches Narrativ nachzubeten. Wie wir uns jeweils zu den Aufrufen verhalten, müssen wir sicher vor Ort entscheiden. Was aber klar ist, wir bleiben dabei, dass wir bundesweit zu den Ostermärschen mobilisieren und uns dort auch mit unseren Positionen einbringen. Ihr habt vielleicht bemerkt, dass wir das Format von kurzen Videostellungnahmen wiederbelebt haben. Hier ist vor allem das aktuelle zu den Panzerlieferungen auf große Resonanz gestoßen und kann sicherlich auch zur Mobilisierung zu den Ostermärschen benutzt werden.

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