Bundesregierung will „nationale Sicherheitsstrategie“ auf der NATO-Kriegskonferenz in München präsentieren

Kriegsprofiteure unter sich

Eine Gästeliste ist noch nicht veröffentlicht und doch wird sie bereits beworben: Vom 17. bis zum 19. Februar findet im Nobelhotel Bayerischer Hof wieder die sogenannte „Munich Security Conference“ (MSC, Münchner Sicherheitskonferenz) statt. Die Konferenz ist nicht nur ein exklusives Treffen für Rüstungslobbyisten und Kriegsprofiteure, sondern wurde in den letzten Jahren zunehmend zu einer Bühne der deutschen Außenpolitik. So wurde das vor zehn Jahren von der Stiftung Wissenschaft und Politik und dem German Marshall Fund erarbeitete Strategiepapier „Neue Macht. Neue Verantwortung“ hier verkündet. Auch die Geschichte des seit 2014 tobenden Kriegs in der Ukraine lässt sich anhand der seitdem stattgefundenen Münchner Konferenzen nachvollziehen.

Die US-Botschaft in Deutschland bewirbt die Veranstaltung, wie auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), auch wenn noch keine Themenliste veröffentlicht wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Konferenz als Ort zur Präsentation der Leitlinien der deutschen Kriegspolitik fungieren wird. Genau das macht die private Konferenz aus: Eine Mischung von Entscheidungsträgern und Lobbyisten des transatlantischen Bündnisses berät sich nicht-öffentlich unter deutscher Schirmherrschaft, um dann in den öffentlichen Austausch mit Vertretern aus der ganzen Welt zu treten. Bisher auch mit Gästen aus Moskau und auch weiterhin mit Vertretern aus Peking und dem „globalen Süden“, so die MSC in ihrer diesjährigen Selbstauskunft. Hier kann sich der deutsche Imperialismus in seiner selbst-zugeschriebenen Führungsrolle präsentieren.

Doch zeigen sich aktuell Gräben innerhalb der deutschen Politik, vor allem im Verhältnis Berlins zu seinen engsten Verbündeten Frankreich und den USA. Sie sind die Hauptgründe dafür, dass die Scholz-Regierung ihr Vorhaben, auf der Konferenz eine „nationale Sicherheitsstrategie“ vorzustellen, wahrscheinlich nicht einhalten kann. Denn die Bundesregierung setzt sowohl auf das deutsch-französische Bündnis, um die souveräne Entwicklung einer europäischen Weltmachtrolle unter deutscher Führung voranzutreiben, und muss für den künftigen Erfolg ihrer Großmachtpolitik zeitgleich der NATO-Hauptmacht USA Folge leisten. Dabei versucht Berlin die eigenen wirtschaftlichen Verbindungen mit der Wirtschaft der Volksrepublik China nicht zu stark zu gefährden. Diese Konflikte zeigen sich in der Haltung zu russischen Gaslieferungen oder zu chinesischen Investitionen im Mobilfunk- und Infrastrukturbereich ebenso wie in der Haltung der Bundesregierung zum Ausbau der eigenen aktiven Rolle im Ukraine-Krieg durch die Lieferung von „Leopard-2“-Panzern.

Der Chef der Münchner Konferenz, Christoph Heusgen, hat sich letzte Woche im „ZDF“-Interview erneut für die Lieferung von deutschen „Leopard-2“-Panzer eingesetzt. Diese nannte er zuvor bereits eine „moralische Verpflichtung“. Dass sich eine Mehrheit in Deutschland gegen eine direkte Kriegseskalation positioniert, findet in Heusgens Überlegungen keine Berücksichtigung. Vielmehr solle der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine „vorangehen“ und „diese Führung auch tatsächlich wahrnehmen“. Mit Blick auf die anstehende Konferenz sagte er: „Putin hat alles zerstört und wir haben die Zeitenwende jetzt. Und derzeit müssen wir leider gegenüber Russland Härte zeigen, das ist die einzige Sprache, die Putin versteht.“ Bereits Mitte Dezember gab der ehemalige Merkel-Berater im „Handelsblatt“ zum Besten: „Eine Lösung gibt es letztlich nur mit dem Ende des Putin-Regimes.“

Es erscheint nur konsequent, dass Heusgen für die kommende „Münchner Sicherheitskonferenz“ bereits Vertreter der „russischen Zivilgesellschaft“ anstelle der russischen Regierung eingeladen hat, wie er „Reuters-TV“ verriet. Geht es nach Heusgen, wird sich die Konferenz also mit ersten Überlegungen zu einer Nachkriegsordnung nach der gewünschten militärischen Bezwingung der russischen Regierung beschäftigen. Bereits im Herbst sagte er im Interview mit den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Wir sollten eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine jetzt nicht mehr ausschließen.“ Und gegenüber dem „Bayrischen Rundfunk“: „Und deswegen müssen wir weiter auf den militärischen Sieg der Ukraine setzen.“

Demonstration gegen die NATO-Kriegskonferenz
Samstag, 18. Februar 2023, 13 Uhr
Stachus, München
Den gemeinsamen Aufruf von DKP und SDAJ kann man hier nachlesen.

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"Kriegsprofiteure unter sich", UZ vom 27. Januar 2023



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