Zu den Lügen zum 60. Jahrestag des „Mauerbaus“

Kriegsgefahr vertuscht

Bruno Mahlow

In den offiziellen Medien wurde rund um den 13. August alles aufgeboten, um Abscheu gegenüber der DDR wach zu halten. Zum 60. Jahrestag des „Mauerbaus“ gab es zuhauf tragische Einzelschicksale – der politische Kontext wurde sorgfältig ausgeblendet. Unter dem Strich stand: Die DDR habe die Mauer gebaut und damit die Spaltung Deutschlands zementiert; das DDR-Grenzregime sei verantwortlich für die „Mauertoten“.

Ausgeklammert wurden die historischen Bedingungen für die Entwicklung des Nachkriegsdeutschlands: Der Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion, die Befreiung vom Faschismus, die Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam mit ihren Entscheidungen über die Nachkriegsordnung und der Kalte Krieg. Ausgeklammert wurde die Spaltung Deutschlands durch die Westmächte durch die Einführung einer eigener Währung 1948, die Gründung der BRD 1949 und ihren NATO-Beitritt 1955.

Kein Wort über die verbrecherische Politik von USA und NATO, den Korea- und Vietnamkrieg, den Einsatz von Massenvernichtungswaffen und die Millionen Toten ihrer Interventionspolitik. Ignoriert wurde das zielstrebige Wirken der UdSSR – und des heutigen Russlands –, die Wiederholung eines 22. Juni 1941 nicht zuzulassen.

Natürlich fehlte jeder Hinweis, dass es sich nicht schlechthin um eine innerdeutsche Mauer an der Bernauer und Berliner Straße handelte, sondern um eine Grenze zwischen zwei Gesellschaftssystemen, zwischen zwei militärischen Blöcken – zwischen NATO und Warschauer Vertrag. Der Beschluss über die Errichtung der innerdeutschen Grenze wurde von den Warschauer Vertragsstaaten gefasst; die DDR allein wäre dazu nicht befugt gewesen.

Ohne Mauer hätte die Gefahr eines atomaren Weltkrieges bestanden. Diese Tatsache heute zu verschweigen ist verantwortungslos und geschichtsverdrehend. Aber die Lügen erfüllen einen Zweck. Sie finden in einer Zeit statt, in der die BRD für den gescheiterten Krieg und die über 200.000 Toten in Afghanistan mitverantwortlich ist. Ebenso für die Zerschlagung Jugoslawiens. Sie finden in einer Zeit der Hochrüstung und eines NATO-Kriegskurses gegen Russland und China statt, die die Welt erneut an den Rand eines Weltkrieges führen. Deshalb müssen sie entlarvt werden.

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"Kriegsgefahr vertuscht", UZ vom 27. August 2021



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