Belegschaft gegen Arbeitsplatzvernichtung

Kriegserklärung bei VW

Von Ulli Schmitz

Im Mittelpunkt der zeitgleich stattgefundenen Betriebsversammlungen in Wolfsburg und Braunschweig standen zum einen die Drohung der Geschäftsleitung, weitere 7 000 Arbeitsplätze abzubauen, sowie der Auftritt von Wolfgang Porsche auf dem Genfer Automobilsalon.

Aus Genf meldete sich der Sprecher des Porsche-Piech-Clans mit einer Kriegserklärung an die Belegschaft, die Gewerkschaft und den Betriebsrat von VW: Behäbig seien die Wolfsburger Autobauer geworden: „Wir sind nicht das Paradies, sondern ein Unternehmen. Alle Investitionen müssen sich rechnen.“ Die für 2019 vorgesehene Ausschüttung von mehr als zwei Milliarden Euro an die Eigner ist ihm zu wenig.

VW-Konzernchef Herbert Diess legte Vorschläge vor. Es hatte sich herumgesprochen, dass die Zahl der Ausbildungsplätze verringert und die Service-Bereiche ausgelagert werden sollen: Kantinen, Werkssicherheit und selbst die Beschäftigten der zweiten Lohnlinie im Konzern bei den „Volkswagen-Group-Services“ – dahinter steckt fast die gesamte Logistik – sollen noch billigeren Anbietern weichen.

Die Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh und Uwe Fritsch setzten sich in ihren Reden auf den Betriebsversammlungen mit der Verantwortung des Managements für die Entwicklung bei VW auseinander und formulierten ihre Forderungen zum Personalabbau, dem unterentwickelten Aufbau von qualifiziertem Personal (von 9  000 zugesagten Stellen seien erst 2 700 besetzt) und der Ausweitung der Beschäftigungssicherung bis 2029 (siehe Seite 1).

In Wolfsburg meldeten sich die Beschäftigten der Service-Factory (Werkssicherheit, Feuerwehr, Kantinen und Betriebsrestaurants) bereits einen Tag vorher mit einem Video an den Vorstand zu Wort: „Ihr habt die Karre in den Dreck gefahren – nicht wir. Wir machen unseren Job – macht ihr euren! Sparen kann jeder – euer Job ist es, für Arbeit zu sorgen. Ausgliederung nicht mit uns!“

Die Beschäftigten auf beiden Versammlungen schilderten die gestiegenen Belastungen zum Beispiel durch neue Zeitaufnahmen und unrealistische Szenarien ihrer Arbeit.

Die Auszubildenden mischten sich ein: „Wir sind die Zukunft! Schafft lieber zukunftstaugliche Berufe!“ Uwe Fritsch empfahl den Azubis, die sich mit ihren Schildern hinter dem Betriebsrat aufgestellt hatten, als ihre Vorsitzende sprach, sich beim nächsten Mal hinter dem Management zu versammeln, damit die Verantwortlichen den nötigen Druck im Nacken spüren.

Stellvertretend für die Beschäftigten der Logistik rechnete ein Vertrauensmann mit Wolfgang Porsche ab: Leuten wie ihm, die keine Ahnung von den Sorgen der Beschäftigten haben, bar jeder Moral und jeden Anstandes seien, sprach er das Recht ab, Arbeitsplätze zu vernichten. Er forderte Demut vor den Menschen, die den Reichtum erarbeitet hätten. An das Management gerichtet: Sie sollten sich gut überlegen, was sie tun. Wenn wir nicht mehr mitmachen, steht die Fabrik still!

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"Kriegserklärung bei VW", UZ vom 29. März 2019



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