Umweltkommission der DKP diskutierte über Klimawandel und das Militär

Krieg zerstört Mensch und Natur

Paula Röttgen

Um den Zusammenhang von Umweltzerstörung und Krieg ging es in einer Diskussionsrunde der Umweltkommission der DKP auf den UZ-Friedenstagen Ende August in Berlin. Eingeladen waren Marianne Linke, Meteorologin und Mitglied der Partei „Die Linke“, und Anne Rieger, Gewerkschafterin und Friedensaktivistin. Im gut gefüllten Seminarraum stellte Marianne Linke die langfristigen Entwicklungen des Klimas und die aktuellen Veränderungen dar. Obwohl sich das Klima im Laufe der Erdgeschichte immer verändert habe, so Linke, lasse sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Industrialisierung und der rasanten Veränderung des Klimas über die letzten 150 Jahre nachweisen. Schnelle klimatische Veränderungen hätten weitreichende, komplexe Folgen etwa für die Landwirtschaft und damit auch für das Leben der Menschen.

Anne Rieger referierte zu dem Beitrag des Militärs und von Kriegen an der Umweltzerstörung. Sie betonte einleitend, dass es eine bewusst herbeigeführte Schieflage in der Wahrnehmung von Folgen des individuellen Handelns auf der einen Seite und Folgen der Rüstungsproduktion und des Militärbetriebs auf der anderen Seite gebe. „Bei Schadstoff-Emissionen denken Menschen an Flugreisen und Heizen anstatt an den weitaus bedeutenderen Anteil des Militärs am Klimawandel“, so Rieger. Von der Landwirtschaft über den Verkehr bis zur heimischen Heizung – jede Tonne Kohlendioxid, die in die Atmosphäre gelange, werde behördlich erfasst und mit dem globalen CO2-Restbudget verrechnet. Nur der CO2-Abdruck des Militärs sei auf Druck von USA und NATO weder im Kyoto-Protokoll von 1997 noch im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 berücksichtigt worden. Emissionen, die bereits bei der Produktion von Kriegsgerät entstünden, subsumiere man einfach unter anderen Industrieemissionen. So seien die größten Klimasünder und ihr Einfluss auf die Erderwärmung völlig aus dem Blick von Klimabewegung und anderen Bevölkerungsteilen geraten. Stuart Parkinson, Direktor der „Scientists For Global Responsibility“, habe – trotz der mangelhaften Datenlage – errechnet, dass die Emissionen von Militär und Rüstungsindustrie etwa fünf Prozent des globalen CO2-Ausstoßes ausmachten. Sie entsprächen damit fast dem Doppelten der weltweiten Klimaschädigungen durch die Luftfahrt. Allein die Bundeswehr habe im Jahr 2021 ohne Auslandseinsätze 1,71 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen – ein Anstieg um knapp 18 Prozent im Vergleich zu 2019. „Militärübungen“, so Rieger, „verschmutzen neben der Atmosphäre auch Gewässer, Böden und die Luft. Sie beanspruchen riesige Flächen und verursachen Langzeitfolgen, wie etwa beim Großbrand im Emsland vor einigen Jahren zu beobachten war.“

Erschienen die Umweltauswirkungen einer Armee in Friedenszeiten noch beherrschbar, referierte Rieger, gelte dies nicht mehr für den Ernstfall. Das zeige sich gerade im Ukraine-Krieg: immenser Kraftstoffverbrauch, Emissionen durch den Einsatz von Munition sowie durch die Zerstörung etwa von Tanklagern und Wäldern und schließlich der notwendige ressourcenverschlingende Wiederaufbau der zivilen Infrastruktur. Das auf Klimafragen spezialisierte Beratungsunternehmen „Climate Focus“ schätze den Emissionsausstoß im ersten Kriegsjahr auf mehr als 120 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das entspreche dem Verbrauch Belgiens.

Im Anschluss an die einleitenden Referate kritisierte die Umweltkommission der DKP, dass das Geld für die Anschaffung und den Betrieb des Militärs für den Umweltschutz fehle. Die Ausbeutung der Natur und die Zerstörung von natürlichen Lebensgrundlagen lösten zudem Fluchtbewegungen aus sowie neue, teilweise militärisch ausgetragene Konflikte. In der Diskussion ging es unter anderem um die Frage, wie Umweltbewegung und Gewerkschaften für einen gemeinsamen Kampf um Frieden und die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen gewonnen werden könnten. Die beiden Referentinnen sprachen sich für plakative Gegenüberstellungen und Losungen aus. Anstatt Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie Autofahren oder eine Flugreise antreten, sollte deutlich werden, dass der Verbrauch selbst eines SUV von 15 Litern Diesel auf 100 Kilometer im dichten Stadtverkehr gegenüber 455 Liter Kerosin, die ein M1A2-Abrams-Kampfpanzer verbrauche, weit weniger ins Gewicht falle. Dabei dürfe auch vor einer Emotionalisierung nicht zurückgeschreckt werden, da die Gegenseite dieses Mittel in ihrer Kriegspropaganda ebenfalls einsetze. Gleichzeitig bedürfe es der Aufklärung und gemeinsamer Aktionen gegen die kapitalistische Produktionsweise als Treiber sowohl für Aufrüstung als auch für die Umweltzerstörung.

Wer Inte­resse an der Arbeit der Umweltkommission der DKP hat, melde sich gerne unter umwelt@dkp.de

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"Krieg zerstört Mensch und Natur", UZ vom 1. November 2024



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