Kongress gegen das Primat der Profitwirtschaft im Gesundheitswesen

Krankenhaus statt Fabrik

Von Christina Umland

Über 130 Menschen aus Personalvertretungen, Gewerkschaften, aus Berufsverbänden und Initiativen, Studenten, Azubis, Beschäftigte und potentielle Patienten aus der ganzen Bundesrepublik haben sich vom 19. bis 21. Oktober im Willi-Bleicher-Haus des DGB Stuttgart zusammengefunden zu einer Konferenz des bundesweiten Bündnisses „Krankenhaus statt Fabrik!“ mit der Fragestellung: „Was kommt nach den Fallpauschalen?“ Eigentlich war es eine hervorragende Fortbildung in Krankenhausökonomie, Geschichte und Hintergründen der Krankenhausfinanzierung mit ihren Folgen für Patienten und Personal. In acht Workshops standen die Erfahrungen und Lehren der aus den jüngsten Aktionen und Arbeitskämpfen in den Kliniken zur Diskussion mit der Perspektive, die Finanzierung des Krankenhausbetriebs über Fallpauschalen (DRGs) zu überwinden und eine menschenwürdige und bedarfsgerechte Patientenversorgung bei humanen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu erreichen.

Schon bei der Podiumsdiskussion am Freitagabend gab Herr Riebesam (CDU) unverblümt zu, was der Sinn der Krankenhausfinanzierung über Fallpauschalen sein soll: „Man wollte die kleinen Krankenhäuser weg haben“, aber der „Rasenmäher“, die DRGs hätten zu erheblichen „Kollateralschäden“ geführt. Er wisse auch, dass das DRG-System einen hundsmiserablen Ruf habe.

Frau Klein-Schmeink (MdB, Bündnis90/Die Grünen) bezeichnete das als „Rausmendeln“ von Krankenhäusern. Das heißt im Klartext, die Krankenhäuser werden einer angeblich natürlichen, sozialdarwinistischen Auslese überlassen, für die niemand politische Verantwortung übernehmen muss. Den eigentlichen Grund für die restriktive Krankenhausfinanzierung mit den DRGs als Schlusspunkt einer entsprechenden Entwicklung sieht Herr Weinberg (MdB Partei „Die Linke“) in der Öffnung des Bereichs des Gesundheitswesen für das anlagesuchende Kapital.

Ein ehemaliger Personalratsvorsitzender aus Siegburg hat am Beispiel von Fresenius Helios Aufstieg und Strategie der privaten Krankenhauskonzerne dargestellt mit ihrer gewaltigen Expansion seit 1985 und Gewinnerwartungen von 11 bis 15 Prozent auf Kosten von Patienten, Versicherten und Personal. Helios sei Vorbild für den „Klassenkampf von oben“. Im Salzlandkreis (Sachsen-Anhalt) fordere die Landtagsfraktion der „Linken“, Klinikbetreiber notfalls zu enteignen.

Die Widerstände in der Bevölkerung gegen Schließung von Krankenhäusern, gegen die Gefährdung einer medizinisch und pflegerisch hochwertigen und wohnortnahen Gesundheitsversorgung werden dabei in Kauf genommen:

Der frühere, langjährige Personalratsvorsitzende des Klinikums Stuttgart erinnerte an die Aussage von Henke, Vorsitzender des CDU-Wirtschaftsrat von 1992: Der soziale Friede dürfe nicht länger zur Monstranz gemacht werden. Mit anderen Worten: Nach Liquidierung der DDR sind die Interessen der Menschen egal.

Ein anderes Mitglied der Grünen im Bundestag hält es für einen „Griff ins Jenseits, in die sozialistische Mottenkiste“, wenn man die Fallpauschalen wieder abschaffen und z. B. durch ein Selbstkostendeckungsprinzip ersetzen wollte, das bis zur Einführung der Fallpauschalen praktiziert wurde. Selbstkostendeckungsprinzip heißt: Das Krankenhaus schreibt die Rechnung und die Krankenkasse zahlt diese Rechnung. Dabei haben die Kassen das Recht, über Wirtschaftlichkeitsprüfungen Einfluss auf die Krankenhausökonomie zu nehmen.

Der Pflegedienst in den Krankenhäusern wird nach dem Pflegepersonalstärkungsgesetz des Herrn Spahn zwar aus den DRGs herausgenommen und soll von den Krankenkassen nach krankenhausindividuellem Aufwand bezahlt werden. Doch Skepsis ist angebracht: Voraussichtlich wird es nicht zu Verbesserungen in der Versorgung kommt, sondern der Pflegedienst wird in Pflegefallpauschalen überführt. Dagegen wollen sich die Teilnehmer zur Wehr setzen und gleichzeitig dafür kämpfen, dass alle Personalkosten nach tatsächlichem Aufwand, unabhängig von den DRGs bezahlt werden, und sie wollen sich dagegen wehren, dass in Krankenhäusern Gewinne gemacht werden. Zum Abschluss der Konferenz gab es konkrete Absprachen und Planungen zur Durchsetzung von formulierten Zielen.

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"Krankenhaus statt Fabrik", UZ vom 26. Oktober 2018



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