„Arbeitsgruppe KSK“ soll Werdegänge von Ausbildern der Elitetruppe prüfen

Kramp-Karrenbauers harte Linie

Das Verteidigungsministerium hat Post bekommen. Einen Brandbrief. Nicht den ersten. Mitte Mai hatte sich der Kommandeur des Kommandos Spezialstreitkräfte (KSK), Markus Kreitmayr, mit der Sorge, „unser aller Ruf, die Reputation unseres Verbandes und das Ansehen der Bundeswehr stehen auf dem Spiel“, an Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gewandt. Nun schrieb ihr ein Hauptmann des KSK und berichtet auf zwölf Seiten über das düstere Klima innerhalb der Einheit, in der die braunen Pflanzen nur so wucherten. Am Standort des KSK, in der Zeppelin-Kaserne in Calw, werde offen eine „aggressiv nationalkonservative Gesinnung“ gepflegt, da komme es auch schon mal vor, dass die Kommandozentrale Funksprüche an die Teileinheiten mit dem Hitlergruß unterlege oder Briefe von Ausbildern mit dem Passus „Es lebe das heilige Deutschland“ abgeschlossen würden.

Über die Jahre habe sich ein Sumpf entwickelt, der viel „tiefgreifender und struktureller“ sei als das Ministerium je ahnen könne. Ein „Hilferuf“, der im Verteidigungsministerium „wie eine Bombe eingeschlagen“ sei, weiß der „Spiegel“ in seiner Online-Ausgabe vom 12. Juni zu berichten. Die Ministerin reagierte sofort: „Endlich konnte die Mauer des Schweigens durchbrochen werden – jetzt geht es darum, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“, hörte man am Abend des gleichen Tages aus dem Berliner Bendlerblock. Noch eins fügt die Ministerin hinzu: Man habe auf die Aufdeckung rechtsradikaler Missstände in der Elitetruppe „mit harter Linie lange hingearbeitet“. Ähnlich weit wagte sich auch die frisch ins Amt gehievte Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) vor, die in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 15. Juni eine überraschende Vermutung zum Besten gab: „Viele Einzelfälle deuten auf Strukturen hin.“

In Vergessenheit geraten sind offenbar die Fälle des vom KSK-Soldaten André S. angeführten Hannibal-Netzwerks (2017) und die Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen die KSK-Gruppe „Nordkreuz“ (2018). Vergessen auch der KSK-Soldat Daniel K., der 2019 wegen seiner Beziehungen zur Identitären Bewegung auffiel, und die Mitteilung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) vom Januar 2020, in der KSK liege der Anteil von auffälligen Rechtsextremen fünf Mal so hoch wie in der übrigen Truppe. Keine Erinnerung an den Mitte Mai dieses Jahres enttarnten KSK-Mann Philipp Sch., der ein privates Waffenlager unterhielt und sich an Nazi-Devotionalien erfreute. Vom ersten Kommandeur der KSK, Brigadegeneral Reinhard Günzel (2000), ist der Wahlspruch überliefert: „Ich erwarte von meiner Truppe Disziplin wie bei den Spartanern, den Römern oder bei der Waffen-SS.“

Als erste Reaktion auf den „Hilferuf“ des KSK-Hauptmanns werde sich jetzt die „Arbeitsgruppe KSK“ mit den persönlichen Werdegängen von Ausbildern in der Schattenarmee zu beschäftigen haben, meldete die Tagesschau. Wie diese Überprüfung vorgenommen werden soll, blieb unklar. Es liegt nahe, dass der MAD damit betraut werden wird. Die Effektivität seiner Ermittlungen in den eigenen Reihen ist bekannt. Im letzten Jahresbericht des Dienstes, der am 3. März vorgelegt wurde, findet sich die Zahl von 592 des Rechtsextremismus „verdächtigen“ Soldaten, ganze 14 davon wurden als erwiesen rechtsextrem eingestuft. Die Truppenstärke der Bundeswehr liegt aktuell bei 184.167. Folglich gibt es laut MAD auch „keine Beweise für einen rechtsextremistisch agierenden Personenzusammenschluss“.

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"Kramp-Karrenbauers harte Linie", UZ vom 19. Juni 2020



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