Um weitere MitstreiterInnen zu gewinnen, lädt das „Oberhausener Bündnis für menschenwürdige Gesundheitsversorgung“ zu einer offiziellen Gründungsveranstaltung am Dienstag, den 17. September, um 18.00 Uhr im Willi-Haumann-Saal im Oberhausener Gewerkschaftshaus.
Die Katholisches Klinikum Oberhausen GmbH ist der größte lokale Gesundheits- und Pflegeanbieter. Jetzt ist er insolvent. Viel ist nun von der nötigen Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern die Rede. Dass die wohnortnahe Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch die „Verschlankung“ des Katholischen Klinikums Oberhausen (KKO) nicht gefährdet wird, wird einfach vorausgesetzt – ein Verlust von Arbeitsplätzen sei unvermeidlich. Dagegen regt sich Widerstand: Ein Oberhausener Bündnis Gesundheit ist in Gründung.
Die Gesellschafter des KKO sind drei katholische Gemeinden und das Bistum Essen. Bereits im Februar verstörte die KKO-Leitung die OberhausenerInnen mit der Nachricht, dass es im St.-Marien-Hospital keine chirurgischen Operationen mehr geben und ein seit Jahren geplantes Reha-Zentrum in Osterfeld doch nicht gebaut werden würde. Auch Politik und Verwaltung erfuhren erst aus der Zeitung davon. Von einer drohenden Insolvenz des KKO war damals nicht die Rede.
Dass Oberhausens größter Gesundheitsversorger erhebliche finanzielle Probleme hat, wurde erst Anfang Juli bekannt, als das KKO ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragte. Eine harte Sanierung wurde angekündigt, um „den Laden fit für die Zukunft zu machen“: Das KKO arbeite seit drei Jahren mit großen Verlusten und befindet sich in einer strukturellen Finanzkrise, verursacht durch die Krankenhäuser in der Gruppe. Die Schließung von Standorten steht seitdem im Raum.
Kurz darauf wurde die so genannte Analyse der Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht (siehe UZ vom 23. August). Die „Studie“ legitimiert ein an wirtschaftlichen Interessen orientiertes, rigoroses Vorgehen der Insolvenzverwalter. Neoliberale Behauptungen zu einer zukunftsfähigen Krankenhausversorgung werden darin wiederholt. Ihnen wird der Anschein von Wissenschaftlichkeit gegeben, ohne dass das Werk diesen Anspruch einhalten würde. Demnach soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung besser werden, wenn 800 der derzeit rund 1 400 Krankenhäuser in Deutschland geschlossen sind. Dies betrifft vor allem kleinere Kliniken, die angeblich generell fachlich nicht mit Großkliniken mithalten und zudem nicht „kosteneffizient“ arbeiten können.
Die Partei „Die Linke“ Oberhausen lud Ende Juli zu einem Info- und Aktionsabend ein. Referent bei dieser Veranstaltung war Tobias Michel, ehemaliger Krankenpfleger und Betriebsrat, heute unter anderem Ausbilder für betriebliche InteressenvertreterInnen bei der Gewerkschaft ver.di.
Diskutiert wurde darüber, wie absurd es ist, dass sich die Existenz von Kliniken vorwiegend an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientieren soll und nicht am Bedarf der Bevölkerung. Am Beispiel der zum Fresenius-Konzern gehörenden Helios-Kliniken räumte Tobias Michel mit der Vorstellung auf, dass die Gewinne privatisierter Krankenhäuser in die Qualität der Versorgung der PatientInnen investiert würden. Tatsächlich flossen die – im Wesentlichen auf Kosten der Krankenhausbeschäftigten erzeugten und stetig steigenden – Gewinne komplett in die Taschen der Aktionäre.
Die Information, dass die Stadt Oberhausen keine Entscheidungsbefugnis darüber hat, wo in Oberhausen welche Krankenhausbetten vorgehalten werden, löste bei den TeilnehmerInnen großes Befremden aus. Tatsächlich gibt es überhaupt keine vorausschauende staatliche Bedarfsplanung für die Gesundheitsversorgung. Krankenhausgesellschaften und Krankenkassen verhandeln vielmehr miteinander, um die jeweils aktuelle Nachfrage nach Krankenhausbetten zu befriedigen. Der Prozess wird lediglich moderiert – von der Bezirksregierung in Düsseldorf.
An der Veranstaltung nahmen auch einige Mitglieder des „Essener Bündnisses für mehr Personal im Krankenhaus“ teil. Sie schlugen vor, ein Bündnis, wie es vergleichbare in vielen Städten gibt, auch in Oberhausen zu gründen. Tatsächlich gab es genügend Interessierte, um ein Gründungstreffen ca. drei Wochen später zu organisieren.
Noch vor dem Treffen wurden die Sanierungspläne der Insolvenzverwalter des KKO bekannt: Das zur Gruppe gehörende St.-Josef-Hospital in Alt-Oberhausen soll geschlossen werden: Es hat die schlechteste Bausubstanz. Das St.-Marien-Hospital in Oberhausen-Osterfeld, das St.-Clemens Hospital in Oberhausen-Sterkrade, drei Altenheime, drei Pflegedienste und drei Hospize stehen zum Verkauf an den oder die Meistbietenden. 240 Arbeitsplätze sollen vernichtet werden.
Die KollegInnen des KKO sind empört über die anstehenden Entlassungen. ver.di kritisiert insbesondere, dass auch betriebsbedingte Kündigungen erfolgen sollen, und fordert vom KKO, sich seiner sozialen Verantwortung zu stellen. Die Insolvenzverwalter bezeichnen die Kündigungen als unvermeidlich und versprechen, dass das Klinikum gestärkt aus der Krise hervorgehen werde. Die Kirche verteidigt das Aus für das St.-Josef-Hospital und rechtfertigt ihren Rückzug aus dem KKO mit ihrer eigenen Inkompetenz. PatientInnen sind verunsichert, Erfahrungen mit langen Wartezeiten auf einen Untersuchungstermin oder ein Krankenhausbett lassen die behauptete Überversorgung der Oberhausener Bevölkerung wenig glaubwürdig erscheinen.
Dass Kostendruck und Investitionsstau eine Folge der politisch gewollten Kommerzialisierung der Krankenhäuser sind und mit der Einführung von Fallpauschalen und der Unterfinanzierung von Investitionskosten zusammenhängen, kommt in der öffentlichen Debatte kaum vor.
Das „Oberhausener Bündnis für menschenwürdige Gesundheitsversorgung“ hat sich mit der Gründung am 20. August wesentliche Aufgaben gestellt: die Beschäftigten des KKO in ihrem Kampf um ihre Arbeitsplätze unterstützen, sich gegen die drohende Privatisierung des Klinikums oder seiner Teile wehren, die Planung des Bedarfs in Oberhausen für Oberhausen und kommunale Krankenhäuser fordern.
Den InitiatorInnen ist es wichtig, dass das Bündnis breit getragen wird: von Beschäftigen in den Krankenhäusern, GewerkschafterInnen, politisch Aktiven, Angehörigen und potentiellen PatientInnen – also von Menschen aus vielen unterschiedlichen Bereichen, die die genannten Anliegen teilen.