Korrekturbedarf in Sachen „Anti-Deutsche“

Von Stephan Wolf und Daniel L. Schikora

Es ist nur ein Satz in einem langen Antrag, und doch sollten wir darüber reden: In den Zeilen 559–562 heißt es:

„Sie [die DKP] grenzt sich ab von sogenannten antideutschen Bewegungen und Positionen, die unter Negierung von deren imperialistischem Charakter die USA und deren Haupt- und Juniorpartner im Nahen Osten, Israel, gegen angeblichen Antiamerikanismus bzw. Antisemitismus verteidigen.“

Das klingt zunächst wie eine Selbstverständlichkeit: Gegen völlig abwegige Vorwürfe muss niemand eine Verteidigungslinie beziehen. Genauso könnte sich die DKP auch von den Flach-Erdlern abgrenzen, die unter Negierung physikalischer Erkenntnisse gegen die These von der Kugelform der Erde polemisieren. Dies tut sie nicht und muss sie auch nicht tun. Ein solcher Allgemeinplatz hätte in einem Leitantrag wie dem vorliegenden also wenig verloren.

So einfach ist es im vorliegenden Fall aber nicht.

Denn die Rede vom angeblichen Antiamerikanismus bzw. Antisemitismus erweckt den Eindruck, es gebe diese Phänomene überhaupt nicht (oder wenigstens nicht in politisch relevantem Ausmaße). Und sollte es sie – rein hypothetisch – doch geben, wären es – wegen ihres imperialistischen Charakters – weder die USA noch Israel wert, gegen irgendeinen ihrer Feinde verteidigt zu werden.

Sehen wir davon ab, dass der imperialistische Charakter Israels (ein Land, das es nicht ein einziges Mal gewagt hat, in der UN gegen die USA zu stimmen) vielleicht doch ein wenig unrealistischer ist, als hier unterstellt. Zumindest den unzweifelhaft imperialistischen USA ist es vollkommen egal, wie die Linke sie sieht, und ob ein Absprengsel derselben, die „Antideutschen“, zu ihrer Verteidigung eilen. Was wäre das auch sonst für eine imperialistische Hauptmacht? Bei Israel sieht es etwas anders aus, geschuldet dem Charakter des Landes als Zufluchtsort. Da reagiert man empfindlicher auf die Leugnung eines Antisemitismus, der sich konkret auf die flächendeckende „Delegitimierung“ und Dämonisierung des jüdischen Staates richtet.

Von besonderer Relevanz für die deutschen Kommunisten ist hier allerdings die Rolle von Antiamerikanismus wie von Antisemitismus in unserem Land! Und hier dient dieser als Vehikel für die Querfrontbestrebungen nicht nur eines Jürgen Elsässer. Natürlich müssen wir uns als Partei abgrenzen: gegen Rechts- und Linksabweichungen, gegen „Antideutsche“, Trotzkisten, Nationalbolschewisten – und gegen viele mehr. Dass es so viele sind, ist der Schwäche unserer Bewegung geschuldet, aber – neben offenen Querfrontbestrebungen, die an anderer Stelle im Antrag kritisiert werden – nur die Strömung der „Antideutschen“ herauszupicken, macht das Bild schief.

Summa summarum: Dient der Satz schlicht der Abgrenzung von einer hanebüchenen Splitterbewegung, ist er selbstverständlich und könnte auch weg. Will man jedoch die Gruppe der Israelfreunde inner- und außerhalb der Partei disziplinieren, es den Judenfreunden es also mal richtig besorgen, muss er weg.

Unser Antrag: Ersatzlose Streichung.

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"Korrekturbedarf in Sachen „Anti-Deutsche“", UZ vom 10. November 2017



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