Zur Partnerschaft zwischen China und dem Iran

Kooperation contra Sanktionen

Der chinesische Außenminister Wang Yi trat in der vergangenen Woche eine siebentägige Rundreise im Nahen Osten an. Nach Stationen in Saudi-Arabien, der Türkei, dem Oman, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie in Bahrein traf er in Teheran auch den iranischen Außenminister Sarif, den gemäßigten Präsidenten Rohani sowie den einflussreichen Parlamentspräsidenten Laridschani zu Konsultationen. Im Fokus des bilateralen Austausches stand die Unterzeichnung eines auf 25 Jahre angelegten strategischen Kooperationsabkommens zwischen dem Iran und der VR China – die Signaturen von Sarif wie Yi besiegelten vor der Weltöffentlichkeit die Gültigkeit des weithin unter Verschluss gehaltenen Kontraktes.

Mögliche Eckpunkte wurden jedoch von der „New York Times“ zeitnah lanciert: angeblich sieht die Kooperation chinesische Investitionen in die iranische Volkswirtschaft in der fantastisch anmutenden Höhe von 400 Milliarden US-Dollar vor (circa 16 Milliarden jährlich, zum Vergleich: laut Statistiken lag das BIP des Iran 2018 bei 435,6 Milliarden US-Dollar). Dazu soll eine engere militärische Zusammenarbeit sowie der Austausch von geheimdienstlichen Informationen vereinbart worden sein – kurzum, eine Kampfansage an die Politik des „maximalen Druckes“ der antischiitischen Achse von Riad, Tel-Aviv und Washington.

Als Gegenleistung soll Peking die unter Weltmarktpreisen garantierte Lieferung von iranischem Öl festgeschrieben haben. Um drohende US-Snapback-Sanktionen zu umgehen – erinnert sei an die skandalöse Verhaftung der Huawei-Besitzertochter in Kanada – setzen beide Seiten auf die Gründung einer chinesisch-iranischen Bank. Wie die Fachseite „Oilprice“ enthüllte, sollen chinesische Überschallbomber zudem Zugang zu den iranischen Militärflugplätzen in Hamedan, Bandar Abbas und Abadan erhalten sowie chinesische (und russische) Marineschiffe in den Häfen am Persischen Golf festmachen dürfen. Wohlweislich findet sich in den iranischen wie chinesischen Erklärungen keine Silbe zu etwaigen Details, generell sind die politökonomischen Verbindungen zwischen dem Riesenreich und der Theokratie nebulös gehalten. Der Abschluss der Kooperation zeichnete sich hingegen seit Jahren ab. 2016 besuchte Xi Jinping Teheran, die Folge: ein 16-seitiges Dokument mit verklausulierten Punkten zur Zusammenarbeit, 2019 übten die Marinen gemeinsam und der Iran begrüßte offiziös die Neue-Seidenstraße-Initiative, im Juli 2020 mehrten sich Berichte über intensiven Austausch. Die Fäden laufen bei dem iranischen Diplomaten Laridschani zusammen, der mit tradierter Verbindung zur klerikalen Führung um Ajatollah Ali Chamenei Verhandlungsfreiheit besaß.

Der Iran stellt – wie nahezu alle anderen von Wang bereisten Staaten – ein Mosaik in der Strategie der Ambitionen zur BRI dar. Geopolitisch sowie als Absatzmarkt ist der Iran mit seinen 80 Millionen zumeist jungen und vielen akademisch gebildeten Einwohnern eine Schatzkammer – in den Läden und Basaren des Landes sind chinesische (wie russische) Produkte kaum zu übersehen. Nach Meinung des Think-Tanks „Germany Trade and Invest“ kam es – auch in Folge der Sanktionen und der Covid-19-Pandemie – zu einem starken Einbruch des iranisch-chinesischen Handelsvolumens. Nach chinesischen Zollangaben beliefen sich die Ausfuhren in Richtung des „Gottesstaates“ im Jahr 2019 auf nur 9,6 Milliarden US-Dollar (2014: 24,3 Milliarden US-Dollar). Der Iran geht ökonomisch nach den katastrophal-unkontrollierten Corona-Ausbrüchen im Land und den Folgen der Sanktionen auf dem Zahnfleisch, Der iranische Rial befindet sich im freien Fall, die Sanktionen sind allumfassend, das außenpolitische Engagement kostspielig, 9 Mrd. Petrodollar hält Seoul vor – die Gesellschaft verarmt zunehmend.

Auf den Punkt: Entscheidend wird sein, ob es beiden Seiten gelingt, die US-amerikanischen Sanktionen zu sprengen – der geheuchelte EU-Versuch einer Zweckgesellschaft zum Tauschhandel mit dem Iran „Instex“ ist kläglich gescheitert. Die Volksrepublik wird an einem intensiveren Austausch interessiert sein, ohne sich dabei in die Stellvertreterkriege zwischen Riad, Tel-Aviv und Teheran hineinziehen zu lassen. Iran hingegen, dessen wichtigsten Handelspartner Peking darstellt, strebt die Umgehung der Sanktionen an. In der iranischen Gesellschaft stößt die Vereinbarung auf geteilte Meinungen, Kritiker bezeichneten es als „Ausverkauf“ an China – im Juni 2021 stehen Präsidentschaftswahlen an. Aber: Gelingt es, den wirtschaftlichen Druck auf Iran zu lindern, die Kooperation auszubauen, eröffnet dies ungeahnte Kapazitäten in den Atomverhandlungen und versetzt der US-Hegemonie in „Greater Middle East“ einen heftigen Schlag.

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"Kooperation contra Sanktionen", UZ vom 9. April 2021



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