Der Gegensatz spricht Bände: Die Erklärung des Vonovia-Chefs Rolf Buch, künftig sollten Mieten im Gleichklang mit der Inflationsrate steigen, rief außer ein paar wohlfeilen Erklärungen aus dem mittleren Regierungs(parteien)-management keinerlei Maßnahmenankündigungen hervor. Ganz anders ist die Lage im Vorfeld der wichtigen IG-Metall-Tarifrunde, in der Mitte Juni die Lohnforderungen festgelegt werden sollen.
Am 1. Juni verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), er wolle Gewerkschaften und Unternehmerverbände zu einer „konzertierten Aktion gegen den Preisdruck“ laden. Der Begriff greift zurück auf die vom damaligen Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) 1967 ins Leben gerufene Gesprächsrunde, mit der CDU und SPD auf die erste zyklische Krise nach dem letzten großen Krieg reagierten. Die „gezielte Kraftanstrengung“, von der Scholz im Deutschen Bundestag jetzt sprach, soll ganz offensichtlich – sonst würde die Einladung keinen Sinn machen – die Forderungen und Kämpfe der lohnabhängigen Bevölkerung bremsen. Damit sind die medialen Rahmenbedingungen für die kommenden Lohnrunden gesetzt: Es wird aus allen Kanälen „Maßhalten“ geschrien werden.
Der „FAZ“ war am 2. Juni zu entnehmen, dass in der Regierung daran gearbeitet werde, die in der Corona-Zeit eingeführte Steuerbefreiung für tarifliche Einmalzahlungen zu verstetigen. Das ist ein vergifteter Köder. Es winkt dann zwar – abgesehen von Sozialbeiträgen – „netto wie brutto“. Aber die erfahrungsgemäß schnell verbrauchten und die Preissteigerungen nicht ausgleichenden Einmalzahlungen werden nicht tabellenwirksam, fließen also in die prozentualen Steigerungen künftiger Lohnrunden nicht ein. Das bedeutet unter dem Strich: Stabilisierung des gegenwärtigen Reallohnverlustes.
Da braut sich ein Sturm zusammen: Die Wirtschaft im EU-Raum steht vor einer Rezession, die Preise steigen zur Zeit mit 8 Prozent, getrieben durch noch höhere Steigerungsraten bei Lebensmitteln und Energie, und die großen Wohnungskonzerne – Vonovia voran – peilen eine an diesen horrenden Steigerungen orientierte Mieterhöhungsoffensive an. Wer sich gegen die jetzt vorgesehene Fesselung der Gewerkschaften nicht mit aller Kraft wehrt, wird verarmen.