Impfpflicht in Deutschland hilft den Menschen im globalen Süden nicht

Konzerne wichtiger als das Leben

Robert Profan

Beim Impfen sind zwei Dinge wichtig: die Wirksamkeit des Impfstoffs und parallel dazu die direkten und langfristigen Nebenwirkungen. Es ist einfach, da eine Entscheidung zu treffen für eine wirksame Impfung bei schwerwiegenden Infektionskrankheiten mit hohen Raten an Folgeschäden und/oder tödlichen Komplikationen. Dabei kann es sinnvoll sein, um die Bevölkerung zu schützen, auch eine Impfpflicht zu verlangen. Dies war so in der DDR zunächst bei der Pocken- und Tuberkuloseimpfung und dann später auch für Diphtherie, Keuchhusten, Wundstarrkrampf, Kinderlähmung und Masern. Auch in der BRD gibt es daher neuerdings eine Art Impfpflicht für Masern.

Wie schaut das aber heute bei Covid-19 aus? Die aktuellen Corona-Viren sind insbesondere gefährlich für alle Menschen über 50 Jahren, je älter, umso gefährlicher, und eindeutig gefährlicher als eine Influenzagrippe. Umgekehrt ist die Infektion für Menschen unter 50 durchaus vergleichbar mit einer Grippe und das Risiko, schwer zu erkranken, nimmt weiter ab, je jünger jemand ist. Eine Impfung für alle Erwachsenen ist unbedingt empfehlenswert, um sich selbst zu schützen, aber auch um die Verbreitung des Virus zu verhindern und damit die älteren Menschen zu schützen. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren jedoch ist das Risiko, zu erkranken, extrem gering. Soweit man das heute weiß, gilt das auch für das sogenannte Müdigkeitssyndrom nach einer Covid-19-Infektion. Aus diesem Grunde hat sich die STIKO (die staatliche Impfkommission – ein ehrenamtliches Gremium aus ärztlichen und immunologischen Fachleuten) bisher schwer getan, für Jugendliche unter 18 Jahren eine Empfehlung für die Impfung auszusprechen. Dabei gilt es nämlich, das minimale Erkrankungsrisiko abzuwägen gegen die Risiken durch Impfstoffe, die alle bisher nur eine vorläufige und/oder Notfallzulassung haben. Dies ist so, da über seltene Nebenwirkungen und gar Langzeitnebenwirkungen bei Zulassung noch keine ausreichend sicheren Daten vorlagen. So weiß man zwischenzeitlich, dass bei jungen erwachsenen Männern ein nennenswertes Risiko für Herzmuskelentzündungen besteht bei der Impfung mit den zugelassenen mRNA-Impfstoffen zum Beispiel von Pfizer/BionTech. Je jünger, desto höher das Risiko!

Eine auch nur mit der moralischen Keule ausgesprochene „Impfpflicht“ für junge Erwachsene und Kinder ist daher unangebracht! Schulkinder kann man auch mit Luftfiltern, Masken und Testen schützen. Trotzdem drängen politische Kreise wie der Bundestagspräsident Schäuble (CDU) oder zuletzt auch die Berliner Gesundheitssenatorin Kalayci (SPD), angeführt vom bayerischen Ministerpräsidenten Söder (CSU), seit Wochen die STIKO, ihre Meinung zu ändern, und üben moralischen Druck auf die Schüler und die STIKO aus. Dem hat die STIKO jetzt nach ersten vorläufigen Presseberichten nachgegeben, da noch unveröffentlichte Daten aus den USA nahelegen, dass das Risiko für Jugendliche unter 18 Jahren wohl dem der jungen Erwachsenen entspricht.

Damit soll „auf-Söder-komm-raus“ mit allen erdenklichen Mitteln die Impfrate erhöht werden. Wobei in der letzten Woche selbst das Robert-Koch-Institut eingestehen musste, dass es über keine verlässlichen Daten zur Impfrate in Deutschland verfüge. Die Rate der Erstgeimpften liegt wahrscheinlich schon deutlich höher als die bisher genannte Zahl von etwa 60 Prozent. Immer wieder wird von der Bundesregierung und Gesundheitsminister Spahn (CDU) scheinheilig argumentiert, dass wir möglichst schnell die Ausbreitung des Virus verhindern und eine Herdenimmunität erreichen sollten und daher werden selbst minderjährige Kinder mit fragwürdigen Methoden zur Impfung gedrängt und moralisch genötigt.

Das Hauptproblem der Verbreitung des Corona-Virus und die Hauptgefahr für die Entwicklung neuer und gefährlicherer Varianten liegt aber nicht an der Impfrate in Deutschland, sondern an der minimalen Impfrate in den ärmeren Ländern des globalen Südens, wo sich das Virus weitgehend ungehindert ausbreitet und mutiert. Doch hier ist es gerade die Bundesregierung, die seit Monaten verhindert, dass Impfpatente der großen Pharmakonzerne freigegeben beziehungsweise unentgeltliche Lizenzen an andere Länder vergeben werden, die in der Lage wären, die hochpotenten Impfstoffe in den benötigten Massen herzustellen. Hier entlarvt sich die Bundesregierung, der die Profite der Pharmakonzerne wichtiger sind als das Leben der Menschen auf diesem Planeten.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Konzerne wichtiger als das Leben", UZ vom 20. August 2021



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit