Seit ihrem Amtsantritt inszenieren sich Donald Trump und Helfer als „schöpferische Zerstörer“, erpressen Länder, verhängen Zölle, machen Grenzen dicht, deportieren Einwanderer, sperren Mittel für USAID, fordern CIA-Angestellte zur Kündigung auf.
Trump-Fans sind fasziniert. Die Proteste der Gegner kommen mit dem Tempo der Überrumpelung nicht mit. USAID klingt wie Hilfswerk, ist aber primär ein mächtiges Einflussinstrument des US-Imperialismus in anderen Ländern. Aus dem Jahresetat von 40 Milliarden Dollar finanziert USAID Projekte von NGOs, „unabhängige“ Medien und Regime-Change-Operationen in aller Welt. Im Zuge der USAID-Abwicklung bringt die Plattform X täglich Enthüllungen über Ausgaben von USAID für Regime-Change in einzelnen Ländern, Geldflüsse an weltweit 6.200 Journalisten, an Medien wie die BBC und an neun von zehn Nachrichtenorganen in der Ukraine, die BRD-Medien als Quellen dienen.
USAID fungierte auch während Trumps erster Amtszeit als Interventionshebel. Und Elon Musk, der jetzt den Besen schwingt, ließ sich den Einsatz von Starlink in der Ukraine von USAID bezahlen. Er hat nahezu jeden von CIA und USAID geförderten Putschversuch in Lateinamerika befürwortet. Musk steht für vieles, nur nicht für Emanzipation. USAID soll künftig dem US-Außenministerium unterstehen und laut „New York Times“ von 14.000 auf etwa 300 Mitarbeiter schrumpfen. Ein Fortschritt? Ein Kommunist aus den USA schrieb auf X: „Das Imperium verschwindet nicht, es rekonstituiert sich.“
Trumps Plan, Gaza zu räumen, zielt darauf ab, Netanjahus genozidale Zerstörung durch ethnische „Säuberung“ zu vollenden. Das passt nicht zur Illusion vieler Trump-Wähler, „America First“ bedeute das Primat der Interessen der US-Bevölkerung. Eilig versichert Trump, US-Soldaten müssten nicht nach Gaza. Ägypten und Jordanien hatten die Aufnahme vertriebener Gaza-Bewohner schon unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 gegenüber Blinken verweigert. Trump wird das nicht ändern.
Trump gibt sich als „Friedensstifter“. Viele haben ihn deshalb gewählt. Kaum im Amt, randaliert er gegen Kanada, Mexiko, Panama, will Grönland annektieren. Der Kolumnist Thomas Fazi interpretiert das außenpolitische Gepolter als Versuch, mit dem Niedergang und der nicht mehr zu verkraftenden Überdehnung des US-Imperiums klarzukommen. Die US-Prioritäten würden in Richtung einer leichter handhabbaren, kontinentalen Strategie rekalibriert, mit einer neuen Monroe-Doktrin (UnHerd, 9. Januar 2025).
![Kontrolliertes Chaos und Abstieg - Donald Trump, Elon Musk, Gaza-Krieg, US-Imperialismus, USAID - Positionen Beate Landefeld](https://www.unsere-zeit.de/wp-content/uploads/2019/12/beate-landefeld.jpeg)
Trumps Außenminister Marco Rubio, Exilkubaner und Ex-Neocon, sagte am 30. Januar 2025 im TV-Gespräch, die heutige Welt sei multipolar. Das sei normal, Unipolarität die historische Ausnahme. Die USA seien keine Weltregierung. Jedes Land müsse zunächst die eigenen Interessen vertreten. Der in China lebende Unternehmer Arnaud Bertrand interpretiert Rubios Interview und die Abwicklung von USAID als Zeichen einer „seismischen Wende“ in der US-Außenpolitik: „Die Anerkennung der Existenz einer multipolaren Welt anstelle des Versuchs, eine zunehmend kostspielige Hegemonie aufrechtzuerhalten, konnte nicht mehr aufgeschoben werden.“ Es sehe chaotisch aus, sei aber eine Art selbstkontrollierter Abwicklung des „amerikanischen Jahrhunderts“ und letztlich besser, als eine Fiktion der US-Vorherrschaft aufrecht zu erhalten, bis diese offen kollabiere. (X, 3. Februar 2025)
Demnach wäre Trumps Linie objektiv ein Anpassungsversuch des US-Imperialismus an die neuen internationalen Kräfteverhältnisse. Die Niederlage der Ukraine, die Kriegsmüdigkeit der US-Bürger sind Komponenten davon. Der Kapitalismus braucht von Zeit zu Zeit grundlegende Anpassungen, relative Lösungen seiner multiplen Krisen, um in der Konkurrenz aufzuholen und Spielraum zurückzugewinnen. Fehlt die systemverändernde Kraft oder ist sie zu schwach, pendeln sich die Bourgeoisien mehr oder weniger bewusst auf systemerhaltende Lösungen ein, die fast immer reaktionär sind.