Nationaler Volkskongress tagte in Peking

Konsum statt Export

Von Lars Mörking

Anfang letzter Woche begann die diesjährige Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China. 2932 Delegierte kamen zur Eröffnung in der Großen Halle des chinesischen Volkes nach Peking. Bis zum 15. März wird der Volkskongress tagen.

In deutschen Medien war – wie jedes Jahr – zu lesen, dass die Delegierten des Volkskongresses nur zum Abnicken feststehender Beschlüsse nach Peking gekommen sind. Das ist insofern richtig, weil viele der Beschlüsse im Vorfeld ausgiebig diskutiert wurden. Gesetze oder Verordnungen, für die keine klare Unterstützung der Delegierten zu erwarten ist, stehen nicht zur Abstimmung.

Ministerpräsident Li Keqiang präsentierte zum Auftakt den Rechenschaftsbericht der Regierung, der auch Ziele für 2019 formulierte. So strebt die chinesische Regierung an, in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 6 bis 6,5 Prozent zu erreichen. Das prozentuale Wirtschaftswachstum war in den letzten Jahren schrittweise gesenkt worden, auch weil „qualitative“ Faktoren (z. B. Forschung und Entwicklung sowie Umweltschutz) zunehmend Vorrang vor „quantitativen“ Wirtschaftswachstum bekommen sollen. In der Zielsetzung sind auch die Auswirkungen des anhaltenden Handelskrieges mit den USA berücksichtigt.

Um von der Exportwirtschaft – und damit vor allem von den Exporte in die USA – weniger abhängig zu sein, kurbelt die chinesische Regierung schon seit längerem die Inlandsnachfrage an. Ministerpräsident Li hat beim diesjährigen Volkskongress eine Mehrwertsteuersenkung im verarbeitenden Gewerbe von 16 auf 13 Prozent angekündigt, im Bau- und Verkehrswesen sollen es künftig 9 statt 10 Prozent sein. Insgesamt soll es Abgaben- und Steuersenkungen im Umfang von 300 Milliarden US-Dollar geben.

Dies dürfte zur weiteren Ankurbelung der Inlandsnachfrage beitragen. Die gestiegenen Verbraucherausgaben hätten im letzten Jahr bereits mit einem Anteil von 76,2 Prozent zum Wirtschaftswachstum in China beigetragen, wie „People’s Daily“, die Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas, berichtete. Demnach sei der Einzelhandelsumsatz im letzten Jahr um 9 Prozent gestiegen, das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen um 6,5 Prozent.

Auch die Verabschiedung eines neuen Gesetzes über ausländische Direktinvestitionen ist als Reaktion und Geste der Kooperationsbereitschaft im Handelskrieg mit den USA zu werten. So sind bisher Joint Ventures mit chinesischen Unternehmen in einigen Branchen für ausländische Unternehmen verpflichtend. Ihre Zahl soll verringert werden. Der Schutz geistigen Eigentums soll zudem verbessert werden. Damit geht die chinesische Regierung auf einige der Forderungen ein, die die US-Regierung im Zusammenhang mit der Erhebung von Schutzzöllen formuliert hatte.

Aber nicht nur die USA haben die VR China zum Gegner erklärt. Auch die deutsche Regierung hatte – allen voran Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier – China als Bedrohung für deutsche Wirtschaftsinteressen identifiziert. Die letzte Woche erfolgte Ankündigung der italienischen Regierung, sich einem Kooperationsabkommen mit Peking im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“ (Belt and Road Initiative, BRI) anschließen zu wollen, bestätigt dies. Italien erhofft sich – ähnlich wie in der Vergangenheit Griechenland und Portugal – chinesische Investitionen in die Infrastruktur, darunter etwa der Hafen von Triest sowie das italienische Stromnetz. Damit würde die VR China genau dort einsteigen, wo das über die EU verordnete deutsche „Spar“diktat und der Privatisierungsdruck besonders starke Auswirkungen hat. „Die Bundesregierung geht nun dagegen vor, weil sie eine stärkere Stellung der Volksrepublik in der EU verhindern will und fürchtet, bei aggressiven Schritten gegen den ostasiatischen Rivalen auf innereuropäischen Widerstand zu stoßen. Heftige Auseinandersetzungen darüber werden auf dem EU-Gipfel Ende nächster Woche sowie auf dem EU-China-Gipfel am 9. April erwartet“, schreibt dazu das Nachrichtenportal „German foreign policy“.

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"Konsum statt Export", UZ vom 15. März 2019



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