Beratung von Kommunisten der Niederlande, ­Luxemburgs und der Bundesrepublik

Konstruktive Debatte

Etwa 30 Genossinnen und Genossen der Nieuwe Communistische Partij van Nederland (NCPN), der Kommunistischen Partei Luxemburgs (KPL) und der DKP trafen sich am 8. und 9. Juli zur schon traditionellen Beratung der drei Parteien in der Karl-Liebknecht-Schule in Leverkusen. Das Thema lautete: „Imperialistischer Krieg und kapitalistische Krise, die Rolle von NATO und EU und der jeweiligen Regierungen. Die Rolle der Kommunisten im Kampf gegen Krieg und Krise.”

Im Rahmen der niederländischen Delegation nahmen zahlreiche Mitglieder des Kommunistischen Jugendverbandes (CJB) teil, von deutscher Seite Vertreter der SDAJ.

In einleitenden Kurzreferaten schilderten zunächst Vertreter der Parteien ihre gegenwärtigen Arbeitsschwerpunkte. Den Standpunkt der DKP zum Hauptthema trug der Parteivorsitzende Patrik Köbele vor. In der Imperialismusanalyse scheine es ihm entscheidend, Differenzierungen innerhalb der Bourgeoisie zu analysieren. Der Streit unter Linken, Sozialisten und Kommunisten beziehe sich auf die Frage, ob „wir es mit einem einheitlichen imperialistischen Weltsystem zu tun haben oder ob es sich nicht doch viel differenzierter darstellt“. Als Beispiele nannte Köbele unter anderem die Verstaatlichung der Lithiumvorkommen in Mexiko und die Vermittlung zwischen Iran und Saudi-Arabien durch die VR China. Vor allem deren Entwicklung habe „Multipolarität“ gefördert. Wenn die DKP davon spreche, dass diese zu begrüßen sei, „dann hat das nichts mit Illusionen zu tun“. Es könne eine Etappe werden, „in der das Kräfteverhältnis zwischen Imperialismus und Antiimperialismus ausgeglichener ist, und dass das Fortschritt ist, das beginnen ganz offensichtlich viele Völker außerhalb Europas schon recht deutlich zu spüren“. Deutschland sei in der Ukraine Kriegspartei, aber „trotz einer seit 1945 nicht gekannten Einheitlichkeit von Medien und Ideologieapparat“ hätten die Herrschenden Probleme mit dem Massenbewusstsein. Hauptproblem sei die Einbindung der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den Aggressionskurs, die Herstellung von Ruhe an der Heimatfront. Die Aufgabe der DKP sei es, „diese Ruhe zu beenden“.

Die NCPN konstatierte eine Verschärfung der „internationalen Widersprüche um die Neuverteilung der Kontrolle über Rohstoffe, Transportwege, Märkte und auch Territorien“. Zur Diskussion über den Imperialismusbegriff hob die Partei hervor, es gehe nicht um ein statisches Modell, sondern um ein sich ständig weiterentwickelndes System. So sei die Auflösung des Kolonialsystems eine große historische Errungenschaft der Völker, zu betonen sei aber, „dass die Bourgeoisie in diesen Ländern keine fortschrittliche Rolle mehr“ spiele. Die Geschichte zeige, „dass eine Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen kapitalistischen Staaten keinen Frieden“ bringe, sondern das Gegenteil. Die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten seien die gesellschaftlichen Kräfte, die imperialistische Kriege und Interventionen wirksam stoppen können.

Die KPL erklärte, dass sie sich zuletzt nicht grundsätzlich mit der Imperialismustheorie beschäftigt habe. Die Partei unterstütze die Initiativen zur Beendigung des Ukraine-Krieges.

Die Diskussion zu diesem Thema verlief solidarisch, aber zum Teil kontrovers. So wurde etwa die These der NCPN, die Bourgeoisie neokolonial abhängiger Länder könne keine fortschrittliche Rolle spielen, infrage gestellt. Die NCPN, hieß es daraufhin, verwende nicht den Begriff Neokolonialismus, sondern spreche von „Überbleibseln des kolonialen Systems“. Köbele erläuterte, Multipolarität führe nicht automatisch zu Frieden, sondern eher zu erhöhter Labilität und zur Aggressivität des im Niedergang befindlichen Imperialismus. Ein Vertreter der NCPN entgegnete, die Frage, ob die Welt uni- oder multipolar sei, sei nicht die Frage der Arbeiterklasse. Die These, es gebe eine nichtmonopolistische Bourgeoisie, werde mit Blick auf die Niederlande als schwach betrachtet.

Zum dritten Teil, der Tätigkeit von Kommunisten in der Friedensbewegung, stellten Vertreter der drei Parteien einleitend Erfahrungen vor. Barbara Majd-Amin berichtete für die DKP über die 1980 gegründete „Friedenskoordination Berlin“ (Friko) und die „Querfront“-Diffamierungen, denen sich die Initiative seit 2014 ausgesetzt sieht. Die wahre Ursache der Angriffe sei, dass die Friko im Ukraine-Krieg keine Position der Äquidistanz einnehme.

Die NCPN erläuterte, dass sie ihre Aufgabe im Aufbau einer klassenorientierten Friedensbewegung sieht. Einige rechte Parteien bezeichneten zwar die NATO als Gefahr, unterstützten aber zugleich Russland. Das spiegele die „Spaltung innerhalb des niederländischen Kapitals wider, das sich auf diese Weise in Teilen gegen die imperialistischen Bündnisse stelle, an denen die Niederlande beteiligt sind“.

In Luxemburg, konstatierte Uli Brockmeyer für die KPL, gebe es keine Friedensbewegung. Die KPL sei die einzige Partei, die nicht für eine militärische Niederlage Russlands eintrete. In der Diskussion vermittelten Genossinnen und Genossen der DKP konkrete Erfahrungen aus so unterschiedlichen Städten wie Duisburg und Weimar. Köbele erläuterte noch einmal den Standpunkt der DKP, dass im Zentrum der Friedensbewegung weder der Antiimperialismus noch die Arbeiterbewegung stehen müssten. Die DKP setze sich aber dafür ein, Friedens- und Arbeiterbewegung zusammenzubringen.

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"Konstruktive Debatte", UZ vom 21. Juli 2023



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