Die Partei „Die Linke“ hat ihren Entwurf des Wahlprogrammes, eine Art „Regierungsprogramm“, in der Friedensfrage noch einmal aufgeweicht. Dabei war bereits der erste Entwurf in diesem Punkt in und außerhalb der Partei heftig kritisiert worden. Beim Abrutschen der Partei auf die schiefe Ebene imperialistischer Kriegspolitik schrillt bei der neuen Doppelspitze offenbar keine Alarmglocke mehr. Dass der 4. August 1914, der Tag, an dem die Sozialdemokraten den Kriegskrediten zustimmten, wie ein Damoklesschwert über der Regierungslinken hängt, wird verdrängt. Sind es Gewissensbisse, die dazu führen, oder ist es das Kalkül einer vermeintlichen „Regierungspartei im Wartestand“?
Dietmar Bartsch, kühl kalkulierender Ko-Fraktionschef, hat schon sehr zeitig Zweifel an der Regierungsfähigkeit seiner Partei mit Blick auf die Sicherheits- und Außenpolitik, insbesondere auf das Verhältnis der Linken zur NATO, zurückgewiesen. Susanne Hennig-Wellsow, von Albträumen verwehrten Mitregierens geplagt, kann sich die Zustimmung zu „Friedensmissionen“ der Bundeswehr durchaus vorstellen. Janine Wissler, auf die manche ihre Hoffnung setzen, hat ihr nicht widersprochen. Vor Journalisten begründete sie bei der Vorstellung des Wahlprogramms, warum im jetzigen Entwurf aus dem „Nein“ zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr eine reine Willensbekundung geworden ist. Sie signalisierte Kompromissbereitschaft gegenüber SPD und Grünen. Janine Wissler, auf die manche ihre Hoffnung setzen, hat ihr abermals nicht widersprochen.
Hennig-Wellsow hat die Gretchenfrage im Sinne der von ihr ersehnten Regierungskoalition beantwortet. Die Suche nach dem „gemeinsamen Nenner“ macht die Politik der Linken von der Zustimmung der Bürgerlichen abhängig. Arbeiterpolitik ist das nicht. Noch dazu ist es naiv, die Macht im Parlament und in der Regierung zu verorten. Die Genossinnen und Genossen, die ihre Partei mit überzeugenden Argumenten zur Umkehr mahnen, tun mir inzwischen leid. Sie sind hundertmal im Recht und müssen doch mit ansehen, dass die Abkehr ihrer Partei von wirklicher Klassenpolitik offenbar nicht aufzuhalten ist.
Die Rolle des deutschen Imperialismus in der NATO als Chance zur Vermittlung friedensstiftender Politik zu verkaufen, ist nicht mehr nachvollziehbar. Es ist ein perfider Versuch, um Regierungsfähigkeit zu signalisieren und gleichzeitig das innerparteiliche Gewissen und die Wählerinnen und Wähler zu beschwichtigen. Gut beraten ist, wer dem Rat Erich Kästners folgt: „Kopf gut schütteln vor Gebrauch“.
Die DKP kandidiert ohne jede Wackelei in der Frage von Krieg und Frieden. Die Gefahren sind unübersehbar: Deutsche Panzer stehen wieder an der Grenze Russlands. An diesem Wochenende demonstrieren wir in Torgau anlässlich des „Tages der Begegnung“ sowjetischer und US-amerikanischer Soldaten am 25. April 1945 an der Elbe mit der Losung „Raus aus der NATO! Frieden mit Russland und China!“. In dieser Frage kann es im 80. Jahr nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion für uns keine Kompromisse geben.
Unsere Partei will nicht mitregieren, sondern der arbeitenden Bevölkerung Mut machen, sich zu organisieren und sich gegen das Abwälzen der Kriegs- und Krisenlasten zu wehren. Wir bleiben bei dem Grundsatz von Friedrich Engels: „Nichts zu bewilligen, was die Macht der Regierung gegenüber dem Volke verstärkt.“ Der Druck des Kapitalismus auf die Sicherheit der Existenz der Massen wird immer spürbarer. Wir sagen, was ist, um mitzuwirken am Aufbau von Gegenmacht vor allem der Arbeiterinnen und Arbeiter.
Herbert Münchow kandidiert auf Platz 3 der sächsischen Landesliste der DKP zur Bundestagswahl.