Zum Ausgang der Kommunalwahlen in Osnabrück

Kommunistische Politik hat ein Gesicht

Achim Bigus und Meike Siefker

Starke Zugewinne der „Grünen“ und herbe Verluste der CDU prägen das Ergebnis der Stadtrats- und Oberbürgermeisterwahlen in Osnabrück am 12. September 2021. Die Ökoliberalen lösten damit die Union als stärkste Partei im Stadtrat ab. Die Partei „Die Linke“ konnte ihr Ergebnis halten. Die DKP trat nur zur OB-Wahl an. Sie erreichte dabei mit 287 Stimmen 0,4 Prozent. Die schlechteste Nachricht des Wahlabends war der Einzug der AfD in den Rat. Wir werden uns weiter gemeinsam mit allen anderen demokratischen Kräften Rassisten und Faschisten entgegenstellen.

Dominierendes Thema der Wahlen war in der veröffentlichen Meinung und in den meisten Anhörungen und Podiumsdiskussionen der Klimaschutz. Dabei gerieten die brennenden sozialen Fragen aus dem Blick: Mangel an bezahlbarem Wohnraum, steigende Kosten für Heizen und Energie, Pflegenotstand, der wachsende Niedriglohnsektor, unsichere Jobs, Existenzängste, marode Schulen und andere.

Osnabrück nennt sich „Friedensstadt“ – hier und in Münster wurde 1648 mit dem „Westfälischen Frieden“ der Dreißigjährige Krieg beendet. Doch auch die Frage „Krieg und Frieden“ spielte in der „Friedensstadt“ nur eine Nebenrolle. Dabei wachsen Aufrüstung und Kriegsgefahr seit Jahren. Und: Krieg und Rüstung gehören zu den stärksten Klimakillern.

Gegen diese blinden Flecken hatten wir für unsere zahlreichen Infostände auf Wochenmärkten und in der Fußgängerzone die Plakate „Frieden mit Russland“ und „Nein zur CO2-Steuer“ ausgewählt.

Zentrale Themen

Drei Themen waren und sind für uns auf kommunaler Ebene zentral.
Bezahlbares Wohnen: Ein breites, auch von uns unterstütztes Bündnis hat 2019 mit einem Bürgerentscheid die Wiedererrichtung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft durchgesetzt. Wir schlagen darüber hinaus die Enteignung des in Osnabrück marktbeherrschenden Wohnungskonzerns Vonovia vor. Den Mieterinnen und Mietern raten wir zu organisierter Vertretung ihrer Interessen.
Wie kann man Wohnraum schaffen und zugleich die für das Stadtklima wichtigen Grünflächen als Kaltluftschneisen aus Randgebieten in die Innenstadt („Grüne Finger“) erhalten? Wir sagen: durch Nutzung von Leerständen und Geschosswohnungsbau wie bei den Gemeindebauten im „Roten Wien“.
Millionärssteuer statt CO2-Steuer: Statt zusätzlicher Belastung von Normal- und Geringverdienenden durch eine weitere Verbrauchssteuer fordern wir öffentliche Investitionen insbesondere in die Verkehrswende – eine Stadtbahn und sichere Radwege zur Reduzierung des Autoverkehrs, der einen wesentlichen Anteil an der CO2-Belastung in der Stadt hat, finanziert durch die Millionärssteuer und durch Abrüsten statt Aufrüsten.

Pflege und Gesundheit: Mit der Aufstellung der 52-jährigen Altenpflegerin Meike Siefker als Kandidatin und dem Slogan „Wer Pflege schafft, kann auch OB“ wollten wir auch den Pflegenotstand wieder ins Bewusstsein holen und für die Durchsetzung besserer Bedingungen durch die Betroffenen werben („Klatschen reicht nicht“).

Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ lobte den „fairen Wahlkampf“. Wer allerdings aus der einzigen Osnabrücker Tageszeitung etwas über Meike Siefker und ihre politischen Positionen erfahren wollte, ging leer aus – anders als bei allen anderen Kandidierenden. Da ist in puncto „Fairness“ noch Luft nach oben. Doch im letzten Winter haben wir die Herausgabe einer eigenen Stadtzeitung gestartet, die auch in unserem Wahlkampf ein wichtiges Mittel war.

Ermutigende Bilanz

Die DKP kandidierte bei Kommunalwahlen in Osnabrück das letzte Mal vor 15 Jahren – in einem Wahlbündnis mit den Vorläufern der Partei „Die Linke“. Unsere „Osnabrücker Linke“ erreichte erstmals seit Jahrzehnten einen Sitz im Rat links von SPD und „Grünen“. Die Partei „Die Linke“ hat dieses Bündnis vor zehn Jahren aufgekündigt.

Die OB-Wahl 2021 war für uns also ein „Comeback“ bei Kommunalwahlen mit einem überschaubaren, aber auch ermutigenden Ergebnis:

Wir sind wieder in breiteren Kreisen sichtbar und präsent – die Frage „Euch gibt’s noch?“ war an den Infoständen von Woche zu Woche weniger zu hören,
In der Öffentlichkeit war bisher vor allem ein Genosse bekannt, mit diesem Wahlkampf hat unsere Politik in Osnabrück ein weiteres Gesicht bekommen.
In Meikes Arbeitsstätte ist die Kandidatur auf große Aufmerksamkeit gestoßen.
Im Verlauf der Wahlkampagne wurden einige Menschen Mitglied der DKP; andere schickten Anfragen, suchen Kontakt zu uns oder wollen auch mitmachen.
Wir haben unsere „Osnabrücker Arbeiterzeitung“ regelmäßig in einer Auflage von 3.500 Exemplaren verbreitet – nicht zusätzlich zum Wahlkampf, sondern als zentraler Bestandteil.

Mit den Slogans „Frieden mit Russland“ und „Millionärssteuer statt CO2-Steuer“ haben wir polarisiert, aber auch Menschen zum Nachdenken gebracht.
Wir streben an, in fünf Jahren auch eigene Kandidatinnen und Kandidaten zum Stadtrat aufzustellen. Das würden wir gerne wie 2006 in einem Bündnis tun, das alle Kräfte links von SPD und „Grünen“ bündelt. Die Entscheidung, ob sie dazu bereit ist, liegt bei der Partei „Die Linke“.


Aufmerksamen Leserinnen und Lesern der UZ ist nicht entgangen: Bei den Erststimmen zur Bundestagswahl haben wir in Osnabrück massiv Stimmen verloren. Allerdings gab es 2017 einige Besonderheiten.

2017 war absehbar: Der Wahlkreis wird bei der CDU bleiben – die Kandidatin der SPD hat keine reale Chance, ihn zu gewinnen. Unter diesen Umständen erschien wohl für nicht wenige Gewerkschafts-, Antifa- und Friedensaktivistinnen und -aktivisten eine Stimme für einen bekannten Mitstreiter nicht als „verlorene Stimme“, sondern als „Statement“.

2021 dagegen war klar: Der CDU-Kandidat kann geschlagen werden. Sowohl dem SPD- als auch dem „Grünen“-Kandidaten war dies grundsätzlich zuzutrauen – dem SPD-Kandidaten ist es auch gelungen. Jetzt kam zumindest für alle, welche „taktisch“ wählen, die Logik der „verlorenen Stimme“ voll zum Tragen gegen den DKP-Kandidaten.

Dazu kommt: Die AfD hatte 2017 keinen Direktkandidaten aufgestellt. Wir wissen von Wahlhelfern: Zweitstimmen für die AfD waren in den bürgerlichen Wohngebieten oft mit einer Erststimme für die FDP verbunden, in den Arbeitervierteln aber mit einer Erststimme für die Kandidatin der Partei „Die Linke“ oder für den DKP-Kandidaten.

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"Kommunistische Politik hat ein Gesicht", UZ vom 29. Oktober 2021



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