In Österreich können auch gottesfürchtige Gemeinden nicht auf die Roten verzichten

Kommunistisch statt katholisch

Denkt man als Kommunistin oder Kommunist an Österreich, fällt einem automatisch die KPÖ Graz ein. Doch hatten die österreichischen Genossinnen und Genossen bei den letzten Kommunalwahlen 2021 nicht nur dort Erfolge zu verbuchen. Auch im oberösterreichischen Innviertel zog die KPÖ in Gemeinderäte ein. Im 667 Einwohner zählenden Peterskirchen sitzt seitdem Andreas Auzinger im Gemeinderat. Und das ist ungewöhnlich im erzkatholischen Innviertel. Zuletzt war 2009 ein Sozialdemokrat im 13-köpfigen Gemeinderat von Peterskirchen vertreten, seitdem nur noch die konservative ÖVP und die rechtspopulistische FPÖ.

UZ: Wie seid ihr 2021 in den Wahlkampf gegangen, um im ÖVP/FPÖ-dominierten Peterskirchen gehört zu werden?

Andreas Auzinger: Ich habe schon 2015 kandidiert und damals nur um eine Stimme den Einzug verpasst. Aber wir haben weitergemacht und Erfolg gehabt.

Peterskirchen ist eine arme Gemeinde und ist im sogenannte „Härteausgleichsfonds“. Das heißt, alles wird vom Land Oberösterreich vorgegeben. Aus diesem Grund habe ich bewusst im Wahlkampf gesagt, dass ich nicht versprechen kann, dass wir wieder die Volksschule oder Postfiliale aufsperren können, aber ich werde immer ganz offen und ehrlich meine Meinung sagen, kritisch sein und Alternativen aufzeigen – ein anderes System, das nicht kapitalistisch ist.

Absolut wichtig bei uns im Innviertel war, dass wir wieder eine aktive Gruppe der Kommunistischen Jugend haben. Die hilft uns bei der Parteiarbeit wirklich sehr stark. Wir könnten keine Aktion durchführen, wenn wir nicht die Hilfe der KJÖ hätten.

UZ: Wo drückt der Schuh am meisten und was sind die Antworten der KPÖ?

Andreas Auzinger: Es gibt praktisch keine Infrastruktur mehr. Wie gesagt, es gibt keine Volksschule mehr, keine Postfiliale mehr im Ort. Die letzte Bank haben sie letztes Jahr zugesperrt. Daher war unsere Forderung, dass man kleine Gemeinden nicht kaputtspart.

Bei der Volksschule hat man einfach gesagt, die rentiert sich nicht mehr. Jetzt müssen die Kinder in die nächste Gemeinde mit dem Schulbus fahren. Für mich ist das so absurd, weil ich in dem Jahr, bevor ich in den Gemeinderat gekommen bin, in Kuba war. Da habe ich kleine Gemeinden auf dem Land gesehen, wo es selbst noch für zehn Kinder eine eigene Schule gibt. Dann sollte es so etwas in Österreich erst recht geben, wenn sich ein vergleichsweise armes Land wie Kuba das leisten kann.

UZ: Wie politisch ist überhaupt in einer so kleinen Gemeinde wie Peterskirchen die Gemeinderatsarbeit und wie kann sich da die KPÖ von den anderen abheben?

Andreas Auzinger: ÖVP und FPÖ stimmen immer einstimmig ab. Vom Land wird viel vorgegeben und die anderen stimmen den Vorgaben zu. Es geht nur noch darum, vom Land Geld zu bekommen. Auch wenn der Spielraum sehr gering ist, stimme ich immer gegen Gebührenerhöhungen – als einziger.

UZ: Wie schafft ihr es, die Leute zu informieren und teilhaben zu lassen?

Andreas Auzinger: Zum Glück gibt es immer noch ein gesellschaftliches Leben in der Gemeinde, Vereine machen Feste und dort trifft man die Leute persönlich und redet mit ihnen. Wir haben aber auch unsere Parteizeitung für die Region Innviertel, wo über meine Gemeinderatstätigkeit berichtet wird, wie auch über Brunnenthal. Das ist die zweite Gemeinde im Inn­viertel, wo die KPÖ im Gemeinderat sitzt. In Peterskirchen und Brunnenthal gibt es deshalb Postwürfe in allen Haushalten.

UZ: Welchen Einfluss hatte die Grazer KPÖ bei deinem Wahlerfolg als Aushängeschild?

Andreas Auzinger: Die Arbeit der Genossinnen und Genossen in Graz hat es leichter gemacht, weil durch sie die KPÖ in Österreich bekannt ist. Wir haben einen großen Aufschwung in der Partei, seit die KPÖ in Graz die Bürgermeisterin stellt.

UZ: Was würdest du deutschen Kommunistinnen und Kommunisten raten, die überlegen, in ihrer Gemeinde zu kandidieren?

Andreas Auzinger: Am wichtigsten ist es, ganz ehrlich zu sagen, was möglich ist und was nicht. Wenn man ganz viel verspricht, dann glauben die Leute es eh nicht, oder wenn man es nicht umsetzen kann, wird man auf Dauer unglaubwürdig. Wenn man in einer kleinen Gemeinde ist, die kein Geld hat, dann sage ich auch ganz offen und ehrlich, dass ich nichts machen kann, zeige aber gleichzeitig auf, warum das so ist.

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"Kommunistisch statt katholisch", UZ vom 8. September 2023



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