Kommunalwahlen im Schatten des Krieges

Zur Bürgerschaftswahl in Lübeck am 14. Mai tritt die DKP in acht Wahlkreisen an, unter anderem in den drei Kreisen der Innenstadt. Auch die Kandidaten der Liste wurden bestätigt. Über die Kandidatur sprach die UZ mit Wilfried Link, der die Liste der DKP anführt.

UZ: Hat die DKP in Lübeck Erfahrungen mit einer eigenständigen Kandidatur?

Wilfried Link: 2018 konnten wir leider nur drei von 25 Wahlkreisen besetzen und auf unserer Liste hatten wir auch nur drei Kandidatinnen und Kandidaten. Diesmal haben wir acht Wahlkreise absichern können, was allein schon ein Fortschritt ist. Denn wir kandidieren in der Innenstadt komplett und den größten Arbeiterstadtteilen.

UZ: Welche Ziele hat eure Kandidatur?

Wilfried Link: Dieses Mal ist es keine normale Kommunalwahl. Wir leben in Zeiten des NATO-Krieges gegen Russland, das ist keine Normalität, daran wollen wir uns nicht gewöhnen, und deshalb ist „Business as usual“ völlig unangebracht. So haben wir die Friedensfrage in den Vordergrund gestellt, denn wenn wir zum Nutzen der arbeitenden Bevölkerung etwas verändern wollen, ist Grundlage die Verhinderung eines Atomkrieges.

So enthält unser gedrucktes Kommunalwahlprogramm einen Einleger, der neben allen EU-Flaggen und EU-Sprachen sowie Russisch und Ukrainisch unsere Forderungen gegen den NATO-Krieg enthält, soweit sie sich kommunal direkt bemerkbar machen:

• Sofortige Waffenruhe – danach Waffenstillstand!
• Stopp aller Waffenlieferungen – Schickt Diplomaten statt Waffen!
• Friedensverhandlungen – Ausgaben für Soziales statt Aufrüstung!
• Weg mit den Wirtschaftssanktionen – bezahlbare Energieversorgung!
• Aufbau einer europäischen Friedensordnung – mit Russland!

Den Text haben wir, wegen der vielen türkischen und serbischen Mitbürger, auch in deren Sprachen übersetzt. Die spezielle Bedeutung dieser Forderungen ergibt sich aufgrund der langen Geschichte Lübecks als Hanse- und Handelsstadt, die ohne friedlichen Handel nicht groß geworden wäre, stets nach Osten orientiert war und auf friedliche Handelswege, auch in Bezug auf die Meere, angewiesen war und ist.

Die mobilisierende Wirkung von Wahlkämpfen soll uns helfen, diese Forderungen als Alleinstellungsmerkmal auch gegen den Antikommunismus ins Feld zu führen. Denn viele Bürgerinnen und Bürger sind zwar nicht im Detail über die Vorgeschichte und die bewusste Herbeiführung des Krieges in der Ukraine informiert, lehnen ihn jedoch, unter anderem wegen der verheerenden Wirkungen auf die Menschen und die Wirtschaft, ab. Daran wollen wir anknüpfen.

UZ: Du bist Spitzenkandidat der DKP-Liste und warst bereits von 2008 bis 2013 Abgeordneter der Lübecker Bürgerschaft auf der Liste der Partei „Die Linke“. Warum haben sich eure Wege getrennt?

Wilfried Link: Hauptanlass war die Zustimmung der Fraktion zum Verkauf von Anteilen des Lübecker Hafens an den Finanzspekulanten REEF. Das war nicht nur Verrat an den Interessen der Hafenarbeiter und -angestellten, auch war das Vertrauensverhältnis zum Hafenbetriebsrat zerstört. Dieser wollte ursprünglich für die anstehende Bürgerschaftswahl den Arbeitern empfehlen, „Die Linke“ zu wählen. Das hatte sich damit erledigt. Es zeigte sich wieder einmal, dass Opportunismus der Geburtshelfer revisionistischer Parteien ist und dass auch die Lübecker Bürgerschaft eine starke DKP-Fraktion braucht.

UZ: Mit welchen Schwerpunkten geht ihr in den Wahlkampf?

Wilfried Link: Eine finanzielle Grundausstattung der Städte und Gemeinden muss gesichert werden! Geld ist genug da, es muss nur gerecht verteilt werden. Keine kommunale Geheimdiplomatie, öffentliche Sitzungen haben grundsätzlich Vorrang! Der Verödung der Innenstadt muss entgegengewirkt werden, unter anderem wegen der völlig überzogenen Mieten für Geschäftsräume der kleinen und mittleren Händler und Gewerbetreibenden.

Wir fordern die Erstellung eines sozial ausgewogenen Konzeptes zur Schaffung von günstigem Wohnraum. Öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) und die Verkehrspolitik müssen den Bedürfnissen der Bürger und dem Schutz der Umwelt angepasst werden.

Konkret fordern wir den Aus- und Aufbau einer schienengebundenen elektrischen Straßenbahn, weil sie umweltfreundlich ist, Straßenschäden verringert und die anliegende Bausubstanz weniger belastet. Außerdem greifen wir im Bereich der öffentlichen Sicherheit den Unmut vieler, unter anderem älterer Bürgerinnen und Bürger über die auf den Bürgersteigen wild herumstehenden und liegenden Elektroroller auf und fordern ein entsprechendes Konzept zu deren Abstellung. Eine Stadt muss nicht hip sein, sondern menschengerecht.

UZ: Zur Absicherung der Kandidatur müssen in den meisten Bundesländern Unterschriften gesammelt werden. Wie sieht es bei euch aus?

Wilfried Link: Zur Teilnahme an der Kommunalwahl können alle Lübecker Parteien und auch Einzelbewerber antreten, sofern sie ein aussagefähiges Programm haben, Unterschriftensammlungen sind in diesem Fall nicht notwendig. Als wir uns Anfang der 2000er Jahre als Kreisorganisation neu formiert haben, war die erste Reaktion in Gesprächen oft: „Was, euch gibt es noch?“ Ja, wir sind wieder sichtbar in Lübeck. Wir geben keine 100.000 Euro für den Wahlkampf aus, wie die beiden großen Parteien. Mit geringen finanziellen Mitteln, aber mit hohem persönlichem Einsatz führen die Mitglieder unserer Kreisorganisation den Wahlkampf.