Zur nächsten Afrika-Mission der Bundeswehr

Koloniales Gehabe

An diesem Freitag soll es so weit sein: Dann wird der Bundestag den nächsten Einsatz der Bundeswehr in Afrika beschließen. Bis zu 60 deutsche Soldaten sollen in Niger stationiert werden als Teil der EUMPM Niger (EU Military Partnership Mission). Die neue EU-Truppe hat die Ausbildung und Beratung nigrischer Einheiten zur Aufgabe.

Die Militärregierungen in Mali und Burkina Faso haben zuletzt den Abzug der französischen Streitkräfte aus ihrem Land durchgesetzt. Aus Mali wird sich demnächst auch die Bundeswehr zurückziehen. Die dort regierenden Generäle haben in den vergangenen Monaten recht deutlich gemacht, dass sie neokoloniales Gehabe deutscher Minister und eigenmächtige Operationen deutscher Militärs abseits ihrer Kontrolle nicht tolerieren.

Es sieht nicht gut aus für die deutsche Einflussarbeit im Sahel. Den Einsatz in Mali hatte Berlin vor zehn Jahren mit ähnlich protzigem Tamtam eingeläutet wie den Einsatz in Afghanistan. Er ist genauso krachend gescheitert. Tschad, ein weiterer Sahel-Staat, hat zu Monatsbeginn den deutschen Botschafter kühl des Landes verwiesen, weil der sich in die inneren Angelegenheiten seiner Gastgeber allzu unverfroren eingemischt hat. Vorteilhaft sind die Beziehungen Berlins in die Region derzeit nur im Fall von Niger. Die Bundeswehr nutzt den Flughafen der Hauptstadt Niamey seit Jahren als Drehkreuz für ihre Truppen in Mali und hat jüngst ein Projekt zur Ausbildung nigrischer Spezialkräfte abgeschlossen. Nun zieht sie sich im Sahel faktisch nach Niger zurück und sucht von dort aus im militärischen Geschehen der Region mitzumischen – jetzt vor allem über Ausbildung und Beratung der nigrischen Streitkräfte, auch im Rahmen von EUMPM Niger.

Ausreichend ist das für das Berliner Machtstreben in der Region sicher nicht. Umso weniger als Moskau seinen Einfluss dort unverändert stärkt. Also hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius, als er Mitte des Monats den Sahel bereiste, um die Entsendung deutscher Soldaten nach Niger und den Abzug der Bundeswehr aus Mali vorzubereiten, Entwicklungsministerin Svenja Schulze im Schlepptau. „Auch wenn die Bundeswehr aus Mali abziehen wird, bleibt Deutschland in der Region engagiert“, kündigte Schulze an. Ihr Ministerium hat sich kürzlich eine neue Afrika-Strategie verpasst, die nicht zuletzt darauf zielt, künftig „strukturelle Konfliktursachen“ abzubauen, um Konflikten wie dem im Sahel den Boden zu entziehen. Die Strategie kleidet dieses Vorhaben wie auch ihre anderen Ziele in Formulierungen, die einer zentralen Kritik der afrikanischen Staaten den Wind aus den Segeln nehmen sollen: Die Bundesregierung handle stets, heißt es etwa, im Geiste von „Respekt und Gegenseitigkeit“.

Nun, derlei hört man in Berlin schon seit Jahren; trotzdem bestand etwa einer der zentralen Streitpunkte mit Bamako darin, dass die Bundeswehr eben doch eigenmächtig operierte und Malis Regierung nicht mit „Respekt“ begegnete. Darüber hinaus beinhaltet auch die neue Strategie des Entwicklungsministeriums demonstrativ politische Ziele, die sie auf dem afrikanischen Kontinent durchsetzen will; viele sind unter das Motto „feministische Entwicklungspolitik“ gepackt. Auch wenn man die Ziele an sich befürworten mag: Berlin tritt, „Respekt und Gegenseitigkeit“ nur vortäuschend, eben doch wieder mit erhobenem Zeigefinger auf. Umgekehrt sucht man Antworten etwa auf Kritik am Dumpingexport subventionierter Agrarprodukte aus Europa nach Afrika, die für viele afrikanische Landwirte fatale Folgen haben, vergebens. Ob es damit gelingt, im Sahel neuen Einfluss zu gewinnen? Wohl kaum.

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"Koloniales Gehabe", UZ vom 28. April 2023



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