Widerstand gegen das Versammlungsgesetz in NRW lässt sich weder spalten noch aufhalten

Knüppeln hilft nicht

Am vergangen Samstag hat die Polizei einen Vorgeschmack darauf gegeben, was Demokraten nach der Verabschiedung des neuen Versammlungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen droht. Eine Demonstration, getragen von 170 Organisationen, mit tausenden Teilnehmern wurde wegen angeblicher Vermummung von der Polizei bedrängt, angegriffen und schließlich gestoppt, ein Teil der Demonstration über Stunden eingekesselt. Sollte das ein Versuch der Einschüchterung vor allem junger Demonstrationsteilnehmer gewesen sein, ist er ins Leere gelaufen. Bereits am Montagabend versammelten sich über 1.500 Aktivistinnen und Aktivisten in Köln unter dem Motto „Jetzt erst recht! Spontandemonstration gegen Polizeigewalt und das Versammlungsgesetz NRW“. Die Chancen, das Gesetz zu kippen, dürften nach dem massiven Polizeieinsatz eher gestiegen sein.

Die Provokationen gegen die Bündnisdemonstration „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ begannen bereits im Vorfeld. Der Zug sollte ursprünglich vom DGB-Haus zum Landtag führen, eine der üblichen Demo-Routen in Düsseldorf. Wenige Tage vor der Demonstration wurde der Startpunkt von den Behörden an die Rheinwiesen verlegt. Für das breite Bündnis ein logistisches Problem.

Am Samstag selbst konnte der Aufzug erst mit Verspätung starten und wurde von Beginn an massiv bedrängt und schließlich von der Polizei angegriffen. Als Begründung mussten später das Tragen von medizinischen Masken und angeblich zu hoch getragene Transparente herhalten. Vor allem der Antifa-Block wurde von den Einsatzkräften traktiert, betroffen waren aber nahezu alle Blöcke der Demonstration. Die Bilanz: Mehr als 100 Verletzte durch Schläge und Pfefferspray, darunter mindestens zwei Journalisten. Der Antifa-Block wurde über sechs Stunden bei hohen Temperaturen eingekesselt, die Versorgung mit Wasser kam spät und Toilettengänge wurden verwehrt. Im Kessel befanden sich zahlreiche Minderjährige. Während des gesamten Einsatzes kamen acht Rettungswagen zum Einsatz.

Nach den Ereignissen geraten sowohl NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) als auch Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) unter Druck. Die SPD beantragt eine aktuelle Stunde im Landtag, auch die Grüne-Landtagsfraktion kritisiert den Polizeieinsatz. Erstmals macht auch die FDP Absetzbewegungen und bezeichnet das geplante Gesetz als „Reul-Entwurf“, dem sie nicht zustimmen werde. Damit wäre an eine Mehrheit für den Entwurf der Landesregierung nicht mehr zu denken.

DKP und SDAJ, aktiv in den Vorbereitungen der Demonstration, verurteilten am Sonntag den brutalen Polizeieinsatz in einer gemeinsamen Stellungnahme. Sie erklärten sich solidarisch mit allen von Gewalt und Repression Betroffenen und betonten den großen Zusammenhalt im Bündnis. Die Landesregierung habe mit den geplanten und vorbereiteten Übergriffen der Polizei alles dafür getan, die große Abschlusskundgebung am Landtag zu verhindern. Offenbar solle Protest gegen „die fortwährende Abwälzung der Krisenkosten auf die lohnabhängige Bevölkerung, die aggressivere Außenpolitik und den Abbau demokratischer Grundrechte“ verhindert werden.

Die Auseinandersetzung um das Versammlungsgesetz in NRW ist noch nicht entschieden. Die Chancen, den Gesetzentwurf doch noch vom Tisch zu kriegen, waren noch nie so gut. Es wird nun darum gehen, den Widerstand zu verstärken, weiter örtliche Bündnisse gegen die Scharfmacher zu bilden und auch auf faule Kompromisse zum Beispiel durch einen „entschärften“ Gesetzentwurf der SPD nicht einzugehen.

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"Knüppeln hilft nicht", UZ vom 2. Juli 2021



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