US-Regierung will mit „Nica Act“ Kredite für Nicaragua blockieren

Knüppel aus dem Geld-Sack

Von Elga Pescador

Das US-Repräsentantenhaus hat Anfang Oktober den Gesetzentwurf „Nica Act“ zur Sperrung internationaler Finanzkredite für Nicaragua verabschiedet. Tritt er nach der Zustimmung des Senats und des Präsidenten Trump in Kraft, droht Nicaragua der Ausfall von Finanzierungsmitteln für staatliche Investitionen. Denn die US-Regierung würde in multilateralen Finanzinstituten ihr Veto gegen neue Kredite für Nicaragua einlegen. Unklar ist, welche Auswirkungen das auf die Wirtschaft und die soziale Situation in Nicaragua hätte.

Die Regierung Nicaraguas bezeichnete die Verabschiedung der Gesetzesinitiative „Nicaraguan Investment Conditionality Act“ (Nica Act) im Repräsentantenhaus als „Fortsetzung der historischen imperialistischen Einmischung der USA in Nicaragua“. Die Vizepräsidentin Rosario Murillo erklärte, der Nica Act sei irrational und eine Verletzung der Menschenrechte und der Souveränität Nicaraguas.

Der Nica Act ist eine gemeinsame Initiative von Republikanern und Demokraten aus dem Jahr 2016. Federführend sind die exilkubanische Republikanerin Ileana Ros-Lehtinen und der Demokrat Albio Sires. Vor einem Jahr sollte dadurch die Präsidentschaftswahl gegen die FSLN beeinflusst werden. Aber es kam nicht zur Beschlussfassung im Repräsentantenhaus. Jetzt wurde die Initiative wieder eingebracht, weil im November Kommunalwahlen stattfinden.

Als Gründe für den Nica Act werden darin Vorgänge in der nicaraguanischen Innen- und Außenpolitik genannt. Meistens handelt es sich um Klagen wegen angeblicher Wahlmanipulation, Unterdrückung der Opposition, Behinderung der Meinungsfreiheit, Korruption und fehlender Finanztransparenz. Sie reichen zurück bis 2008, ein Jahr nach dem Beginn der ersten erneuten Amtszeit des Präsidenten Daniel Ortega nach seiner Wahlniederlage von 1989. Im Januar 2017 schloss die Regierung mit der Organisation der Amerikanischen Staaten, einer von den USA dominierten, aber missachteten Institution, ein Drei-Jahres-Abkommen über Verbesserungen des Wahlsystems, was den USA offenbar wieder nicht ausreicht.

Die USA haben seit 1979 nur die Wahlen in Nicaragua als rechtens anerkannt, bei denen die FSLN verloren hat. Dass dies seit 2006 nicht mehr passierte, sorgt in Washington für Unzufriedenheit. Ebenso die engen Beziehungen zwischen Nicaragua und Venezuela. Dem Unternehmen Alba Petróleos de Nicaragua, S. A. (Albanisa) mit Beteiligung des staatlichen Erdölunternehmens Venezuelas PDVSA (51 Prozent) und seinem Partner Petronic (49 Prozent) in Nicaragua werfen die USA Geldwäsche vor. Albanisa ist wesentlicher Bestandteil der Kooperation beider Länder, die soziale und Infrastrukturprojekte einschließt.

Als Reaktion auf den Nica Act verabschiedete das Parlament in Managua ein Gesetz, in dem die Gültigkeit und Unverzichtbarkeit des Urteils des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag von 1986 bekräftigt wird, mit dem die USA wegen Kriegshandlungen in den 1980er Jahren zu 17 Millionen Dollar Schadenersatz an Nicaragua verurteilt wurden.

Der Nica Act wird von der Anti-FSLN-Opposition als Anlass genommen, ihre Angriffe auf Präsident Ortega zu verstärken. Aber rechte Freude will nicht wirklich aufkommen. Der Unternehmerverband COSEP lehnt den Nica Act ab. Selbst die Somoza-treuen Exilnicaraguaner in den USA fürchten Schaden für ihre Investitionen in Nicaragua und machen Lobbyarbeit in Washington gegen den Nica Act.

2016 bekam Nicaragua staatliche und privatwirtschaftliche internationale Finanzmittel in Höhe von 903 Millionen Dollar, davon 570 Millionen Dollar für Staatsausgaben. Das Ausbleiben von bis zu 58 Prozent würde laut privaten Analysten den 6,15 Millionen Einwohnern ernste Wirtschaftsprobleme verursachen. Viele Gesundheits-, Bildungs- und andere Programme müssten eingestellt werden. Das Wirtschaftswachstum von derzeit bis zu 4,9 Prozent jährlich gilt als hoch. Zur Überwindung der Armut und Arbeitslosigkeit in Nicaragua müsste es allerdings bei mindestens 7 Prozent liegen, könnte aber durch den Nica Act sogar auf 3 Prozent zurückfallen.

Zentralbank-Präsident Ovidio Reyes bezeichnete den Nica Act im Fernsehen als Bedrohung für die Wirtschaft. „Aber wir werden nicht spekulieren. Wenn es Tatsachen gibt, werden wir rechnen und reagieren.“ Aus anderer ministerieller Quelle verlautete, Nicaragua hätte seinen Bedarf an mittelfristiger multilateraler Finanzierung bereits vertraglich abgesichert und könnte sich langfristig auf eine neue Situation einstellen. Vorstellbar wäre, derAusbau seiner Finanzkooperation mit China, Iran, Russland oder anderen Ländern, die schon mit Nicaragua Zusammenarbeitsverträge haben.

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"Knüppel aus dem Geld-Sack", UZ vom 20. Oktober 2017



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